Zur Stärkung der Innovationskraft im globalen Wettbewerb hat die Europäische Kommission am 28. Mai 2025 im Rahmen ihrer Start-up- und Scale-up-Strategie das sogenannte 28. Regime vorgestellt. Ziel ist die Schaffung eines optionalen, europaweit einheitlichen Rechtsrahmens für innovative Unternehmen. Dieser soll zentrale Bereiche wie Gesellschafts-, Insolvenz-, Arbeits- und Steuerrecht abdecken und damit der bestehenden Rechtszersplitterung im Binnenmarkt entgegenwirken – ein Hindernis, das insbesondere wachstumsorientierte Start-ups und technologiegetriebene Unternehmen bisher stark belastet hat.
Die Strategie konzentriert sich auf fünf zentrale Handlungsfelder entlang des Lebenszyklus junger Unternehmen. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Gewinnung und Bindung von Fachkräften. Die Kommission prüft in diesem Zusammenhang auch gesetzliche Änderungen, um bestimmte Aspekte der Behandlung von Mitarbeiterbeteiligungen – insbesondere Aktienoptionen – besser aufeinander abzustimmen und europaweit zu harmonisieren.
Hier knüpft der Vorschlag eines EU-ESOP (Employee Stock Ownership Plan) an – ein Modell aus der europäischen Start-up-Szene, das über die Petition „EU-Inc Policy Proposal – An industry blueprint for the upcoming 28th regime“ Eingang in das Arbeitsprogramm der Kommission gefunden hat.
Der EU-ESOP zielt auf ein standardisiertes, rechtssicheres und steuerlich wettbewerbsfähiges Beteiligungsmodell. Vorgesehen ist unter anderem die Möglichkeit, nicht stimmberechtigte Geschäftsanteile an Mitarbeitende auszugeben. Zudem sollen Veräußerungsgewinne einheitlich als Kapitalerträge behandelt und erst beim tatsächlichen Liquiditätszufluss besteuert werden – also nicht bereits beim Erhalt der Anteile. Dieses Prinzip entspricht dem deutschen Modell nach § 19a EStG und würde die finanzielle Planbarkeit und Attraktivität von Beteiligungen erheblich verbessern.
Der Bundesverband Mitarbeiterbeteiligung AGP e.V. lobt erstmalig den Josef-Grünbeck-Preis aus. Mit dem neuen Wissenschaftspreis würdigt der Verband exzellente Forschungsarbeiten rund um das Thema Mitarbeiterbeteiligung, Mitbestimmung sowie betriebliche und soziale Partnerschaft in Unternehmen.
Benannt ist der Preis nach Josef Grünbeck, einer prägenden Persönlichkeit der Mitarbeiterbeteiligung in Deutschland. Vor über 56 Jahren führte er in seinem Unternehmen, der heutigen Grünbeck AG, ein innovatives Modell der sozialen Partnerschaft ein, das als Vorbild für viele weitere Unternehmer und Unternehmen diente.
Der von der Loni und Josef Grünbeck-Stiftung gestiftete und vom Bundesverband AGP organisierte Preis soll wegweisende wissenschaftliche und praxisnahe Arbeiten sichtbar machen, die sich mit Themen wie Mitarbeiteraktien, Gewinnbeteiligung, Mitbestimmung, organisationaler Demokratie oder betrieblichen Partnerschaftsmodellen auseinandersetzen.
Die Ausschreibung richtet sich sowohl an Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen und Studierende als auch an Praktiker und alle, die mit ihren Arbeiten zur Stärkung von Mitarbeiterbeteiligung beitragen. Eingereicht werden können sowohl Eigenbewerbungen als auch Nominierungen durch Dritte.
Nähere Informationen zum Ausschreibungsverfahren und zur Einreichung finden Sie hier.
Die Übertragung von Unternehmen an die Belegschaft gewinnt in Großbritannien zunehmend an Bedeutung. Nach Angaben der European Federation of Employee Share Ownership (EFES) ist die Umwandlung in sogenannte Employee Ownership Trusts (EOTs) nach der familieninternen Übergabe mittlerweile die zweithäufigste Form der Unternehmensnachfolge bei kleinen und mittleren Unternehmen. Allein im vergangenen Jahr wurden rund 600 Unternehmen in EOTs überführt, wodurch etwa 50.000 Beschäftigte zu Miteigentümern ihres Unternehmens wurden.
Das EOT-Modell geht zurück auf den Nuttall Review von 2012, der von der damaligen konservativ-liberalen Koalitionsregierung initiiert wurde. Ziel war es, die Hürden für Mitarbeiterbeteiligungen zu analysieren und Lösungsansätze zu entwickeln. Der Bericht benannte als zentrale Hindernisse vor allem mangelnde Informationen bei Beratern, fehlende Finanzierungsmöglichkeiten und eine komplexe rechtliche Ausgangslage.
Als Antwort darauf wurde der Employee Ownership Trust als pragmatische Weiterentwicklung bestehender Modelle vorgeschlagen. Besonders attraktiv ist die Kombination aus einfacher und flexibler Struktur sowie steuerlichen Anreizen. Seit dem Finance Act 2014 sind Unternehmensverkäufe an eine EOT von der Kapitalertrags- und Erbschaftssteuer befreit, sofern dabei die Mehrheit der Anteile (über 50 %) auf den Trust übergeht und alle Mitarbeitenden gleichberechtigt begünstigt werden.
Die Voestalpine-Mitarbeiterbeteiligung feiert ihr 25-jähriges Bestehen. Was im Jahr 2000 als gemeinsames Projekt von Management und Betriebsrat begann, hat sich längst zu einem europaweiten Vorzeigemodell entwickelt. Ziel war es, die Beschäftigten stärker am Erfolg des Unternehmens zu beteiligen und gleichzeitig über die Bündelung ihrer Stimmrechte in einer Stiftung eine stabile Eigentümerstruktur zu schaffen, mit der unter anderem die damals drohende feindliche Übernahme durch den Automobilzulieferkonzern Magna mittels „Squeeze-out“ verhindert wurde.
Heute hält die Voestalpine Mitarbeiterbeteiligung Privatstiftung insgesamt 14,8 % der Stimmrechte der voestalpine AG und ist damit sowohl nach Stimmanteilen als auch nach Aktienwert die größte Mitarbeiterbeteiligung in Österreich. Doch das Modell beschränkt sich längst nicht mehr auf Österreich. Inzwischen sind 93 internationale voestalpine-Gesellschaften in zwölf Ländern in das Beteiligungssystem eingebunden. Die durchschnittliche Beteiligungsquote liegt bei rund 20 Prozent.
Der Erfolg des Beteiligungssystems trug auch wesentlich dazu bei, das Bewusstsein für die Mitarbeiterbeteiligung in Österreich zu stärken und wichtige Impulse für die Gesetzgebung zu liefern. Mit dem Ziel feindliche Übernahmen zu erschweren, um den Unternehmensstandort zu stärken und Arbeitsplätze zu sichern, wurde 2018 die steuerliche Förderung von Mitarbeiterbeteiligungsstiftungen neu strukturiert. Seither ist der Aktienbezug bis 4.500 € jährlich bei Beteiligung von Arbeitnehmern, ehemalige Arbeitnehmer sowie deren (Ehe-)Partnern und Kindern steuerfrei. Bei direkten Beteiligungen durch den Arbeitgeber liegt die steuerfreie Grenze bei 3.000 Euro.
Die emotionale Bindung deutscher Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an ihre Arbeitgeber befindet sich laut dem aktuellen Gallup Engagement Index 2024 auf einem neuen Tiefpunkt. Nur noch 9 % der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fühlen sich stark mit ihrem Unternehmen verbunden. Das ist ein deutlicher Rückgang gegenüber 2022, als dieser Wert noch bei 14 Prozent lag. 78 % machen lediglich Dienst nach Vorschrift, 13 % haben innerlich bereits gekündigt.
Diese wachsende Entfremdung kommt Unternehmen teuer zu stehen. Laut Gallup belaufen sich die jährlichen volkswirtschaftlichen Schäden durch reduzierte Produktivität, höhere Fehlzeiten und geringere Kundenzufriedenheit auf bis zu 134,7 Milliarden Euro. Auch die Wechselbereitschaft nimmt zu. Nur die Hälfte der Beschäftigten gibt an, in einem Jahr sicher noch beim aktuellen Arbeitgeber arbeiten zu wollen. Bei emotional stark gebundenen Mitarbeitenden liegt dieser Wert deutlich höher bei 71 Prozent.
Ein möglicher Ausweg ist die Mitarbeiterbeteiligung. Studien zeigen, dass Angestellte, die finanziell am Unternehmen beteiligt sind, weniger wahrscheinlich das Unternehmen verlassen, ihre Identifikation mit dem Unternehmen, ihr Engagement sowie ihre Performance erhöht sind und sich allgemein positive Folgewirkungen auf die Zufriedenheit zeigen. Christina Beisiegel verwendet für die Beschreibung dieses Effekts den Begriff Psychological Ownership, der auf J.L. Pierce, T. Kostova, K.T. Dirks zurückgeht (https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-658-27186-2). Sie zeigt, dass das mitarbeiterseitige Erleben, (Mit-)Eigentümer der Arbeit gebenden Unternehmens zu sein, einen Beitrag zur organisationsdienlichen Mitarbeiterverhaltens leistet.
Am 7. Februar 2025 ist der ehemalige Vorsitzende des AGP-Vorstands Jörg Knoblauch im Alter von 75 Jahren verstorben. Er hatte dieses Amt 1994 in einer für die AGP sehr schwierigen Zeit übernommen und maßgeblich zur wirtschaftlichen und inhaltlichen Konsolidierung des Verbands beigetragen.
Jörg Knoblauch wurde am 31. August 1949 in Giengen an der Brenz geboren und trat 1976 nach seinem Studium in den väterlichen Schlosserei-Betrieb ein, aus dem unter seiner Leitung ein zeitweise weltweit führender Hersteller von Bohrer-Verpackungen entstand. Später gründete er mit tempus als zweites Standbein ein erfolgreichen Zeitplansystemen und konzentrierte sich schließlich auf das Personalmanagement, wo er mit tempus ABC-Personal eine bis heute angesehene Beratung für mitarbeiterorientierte Personalstrategien aufbaute.
Knoblauch war davon überzeugt, dass Mitarbeiter die wertvollste Ressource eines Unternehmens sind. Seine Philosophie der Mitarbeiterbeteiligung brachte er in einem prägnanten Prinzip zum Ausdruck: Mit-wissen, Mit-denken, Mit-lernen, Mit-verantworten, Mit-genießen und Mit-besitzen. Er veröffentlichte zahlreiche Bücher, war ein gefragter Referent und Mitbegründer des Kongresses christlicher Führungskräfte.
Mit Jörg Knoblauch verlieren wir einen großartigen Unternehmer, Berater, Coach und Redner, der sich auf der Grundlage christlicher Werte für eine partnerschaftliche Führung und einen leistungsstarken Mittelstand eingesetzt hat.
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ISSN 0948-8758
Nr. 365 / 71. Jahrgang – 11. Dezember 2024
Das Magazin des Bundesverband Mitarbeiterbeteiligung

| ESG-Reporting Wie Mitarbeiterbeteiligung zur Erreichung von Nachhaltigkeitszielen beitragen kann |
| Essay Mitarbeiterbeteiligung als Baustein für mehr Teilhabe und zur Festigung der Demokratie |
| Beteiligungsmodell Neuer Schwung für Genussrechte |
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder der AGP,
es ist uns eine Freude, Ihnen die aktuelle Ausgabe der AGP-Mitteilungen vorzustellen. Doch zunächst gilt unser Dank Herrn Dr. Heinrich Beyer, der achtzehn Jahre die Geschicke unseres Verbandes geleitet und sich Anfang dieses Jahres auf eigenen Wunsch schrittweise aus der Arbeit für die AGP zurückgezogen hat. Gleichwohl freuen wir uns, dass er uns weiterhin vornehmlich für die Beratungen sowie die politischen Arbeit mit seiner Erfahrung und Expertise in geringerem zeitlichem Umfang erhalten bleibt. Dafür wie auch für seinen Einsatz und Engagement für den Verband in den vergangenen Jahren möchten wir uns an dieser Stelle recht herzlich bedanken. Er hat die AGP als Geschäftsführer in turbulenten Zeiten auf ein solides Fundament gestellt und den Verband zu einem anerkannten Ansprechpartner für Unternehmen und Politik in allen Fragen rund um die Mitarbeiterbeteiligung gemacht.
Und die Mitarbeiterbeteiligung ist aktueller denn je. In einer Zeit, die von dynamischen Veränderungen und neuen Herausforderungen geprägt ist, verbessert sie die fnanzielle Sicherheit der Beschäftigten und schaff t somit eine Grundlage für einen sozialen Ausgleich. Gleichzeitig stärkt sie Unternehmen von innen und trägt damit zur wirtschaftlichen Stabilisierung bei. Darüber hinaus sehen wir in der Mitarbeiterbeteiligung zunehmend auch einen Baustein für nachhaltige Unternehmensführung und gesellschaftliche Teilhabe, der zur Stärkung demokratischer Werte und Strukturen beitragen kann.
Mit dem Zukunftsfinanzierungsgesetz, das Anfang dieses Jahres in Kraft getreten ist, hat die Politik einen wichtigen Schritt zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Mitarbeiterbeteiligung unternommen – ein Signal, das die Bedeutung der Mitarbeiterbeteiligung unterstreicht. Doch trotz dieser Fortschritte bleibt noch viel zu tun: Nur 2–3 % der deutschen Unternehmen bieten bislang entsprechende Beteiligungsprogramme an. Vor allem im Mittelstand besteht noch großer Nachholbedarf, der in erster Linie auf Informationsdefizite und Vorbehalte zurückzuführen ist. Von rechtlichen Hintergründen über die politische Ebene bis hin zu wissenschaftlichen Erkenntnissen – unsere Beiträge in den AGP-Mitteilungen beleuchten das breite Spektrum der Mitarbeiterbeteiligung. Wir zeigen innovative Praxisbeispiele, in denen die Mitarbeiterbeteiligung nicht nur den wirtschaftlichen Erfolg stärkt, sondern auch die Unternehmenskultur bereichert und wie sie als alternative Lösung der Nachfolgeproblematik sowie zur Erreichung von Nachhaltigkeitszielen dient.
Wir laden Sie herzlich ein, sich inspirieren zu lassen und gemeinsam mit uns die Chancen der Mitarbeiterbeteiligung zu nutzen, um Wirtschaft und Gesellschaft zukunftsfähig zu gestalten.
Mit herzlichen Grüßen
Ilka Schulze, 1. Vorsitzende der AGP
Dirk Lambach, Geschäftsführer der AGP
| Nachruf Zum Tod von Dr. Christian Dräger |
| Neue Förderung Diese Regelungen gelten ab 2024 |
| Essay Mitarbeiterbeteiligung als Baustein für mehr Teilhabe und zur Festigung der Demokratie |
| ESG-Reporting Wie Mitarbeiterbeteiligung zur Erreichung von Nachhaltigkeitszielen beitragen kann |
| Geschichte Ein Vordenker der Mitarbeiterbeteiligung |
| Gastbeitrag Reformvorschlag zur Besteuerung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung: Der Weg zu einem einfacheren System |
| Steuerliche Regelung Aktualisiertes Anwendungsschreiben des Bundesfinanzministeriums zur Mitarbeiterkapitalbeteiligung |
| Nachfolgeregelung Mitarbeiterbeteiligung als innovative und nachhaltige Alternative zu traditionellen Nachfolgelösungen |
| Beteiligungsmodell Neuer Schwung für Genussrechte |
| Aus der Praxis Erfolgsmodell der sozialen Partnerschaft – Die Mitarbeiterbeteiligung bei der Grünbeck AG |
| Frankreich Belegschaft rettet Traditionsunternehmen |
| Rechtsform Einfach machen – Österreich als Vorbild für die Mitarbeiterbeteiligung in Startups |
| Umfrage Mitarbeiterbeteiligung ist im Kommen |
| Initiative Aktionskreis Mitarbeiterbeteiligung gegründet |
| Rechtsprechung Klares Urteil des Bundesfinanzhofs zur steuerrechtlichen Bewertung von Erlösen aus Beteiligungsprogrammen |
| Buchrezension Vermögensbildungspolitik: Wohlstand steigern – Ungleichheit verringern – Demokratie stärken |

Am 30. November 2024 ist der ehemalige Vorstandsvorsitzender der Drägerwerk AG & Co. KGaA Dr. Christian Dräger im Alter von 90 Jahren verstorben. Von 1984 bis 1997 leitete er das von seinem Vater übernommene Familienunternehmen in der vierten Generation. Noch bevor er an die Spitze des väterlichen Unternehmens trat, übernahm er von 1978 – 1982 als Vorsitzender des Vorstandes die Führung der AGP. In dieser Zeit engagierte er sich für die tarifvertragliche Mitarbeiterbeteiligung, öff nete den Zugang zu den Großunternehmen, und initiierte die Stiftung „Sozialer Wandel in der unternehmerischen Wirtschaft”, deren erster Präsident er auch war.
Dr. Christian Dräger begegnete bereits im Alter von 14 Jahren zum ersten Mal dem Gedanken, Mitarbeiter am Unternehmenserfolg zu beteiligen. Damals las er in den Lebenserinnerungen seines Urgroßvaters, der 1889 die Drägerwerke gründete und bereits 1900 seine Mitarbeiter am Jahresgewinn beteiligte, genau in dem Jahrzehnt in dem Ernst Abbe in Jena seine berühmten Grundsätze zur Beteiligung der Mitarbeiter am Ertrag der Zeiss-Werke formulierte. In den fünfziger Jahren kam er als Student der Betriebswirtschaft an der Münchener Ludwig-Maximilians-Universität mit Prof. Guido Fischer in Kontakt, der jahrzehntelang nicht nur unter den deutschen Hochschullehrern, sondern für die gesamte Nachkriegsentwicklung der deutschen Wirtschaft so etwas wie ein Bannerträger der Idee der Mitarbeiterbeteiligung war. Fischer brachte den jungen Studenten mit der AGP zusammen, zu deren Gründern er selbst gehörte.
In der eigenen Firma verfolgte er das Ziel, eine Kapitalbeteiligung der Arbeitnehmer einzuführen. Was zunächst bis 1970 als off ene Handelsgesellschaft noch schwierig war, sollte 1979 mit dem Börsengang des Unternehmens durch ihn auf den Weg gebracht werden. Bis heute können Angestellte Vorzugsaktien erwerben, die Anspruch auf eine Dividende besitzen, jedoch keine Stimmrechte. Die Drägerwerk AG & Co. KGaA zählt damit zu einen der wenigen mittelständischen Familienunternehmen, die eine solche Mitarbeiterkapitalbeteiligung über Aktien umsetzen.
Wir verlieren mit Christian Dräger eine prägende Persönlichkeit für die Mitarbeiterbeteiligung in Deutschland und einen langjährigen Unterstützer unseres Verbands. Wir werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren.
Ab Januar 2024 treten die neuen Regelungen zur Förderung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung in Kraft. Die Änderungen betreffen den Freibetrag für Vermögensbeteiligungen, die nachgelagerte Besteuerung für kleine- und mittlere Unternehmen (KMU) sowie die Einkommensgrenze für vermögenswirksame Leistungen.
Gemäß § 3,39 des Einkommensteuergesetzes wird der Freibetrag für Vermögensbeteiligungen von 1.440 Euro auf 2.000 Euro erhöht. Diese Zuwendungen seitens des Arbeitgebers sind nun bis zu 2.000 Euro pro Jahr und Mitarbeiter sowohl steuer- als auch sozialabgabenfrei. Sollte der Arbeitgeber den Freibetrag nicht vollständig ausschöpfen, haben Mitarbeiter die Möglichkeit, Vermögensbeteiligungen von bis zu 2.000 Euro im Rahmen der Entgeltumwandlung zu erwerben, wobei diese steuerfrei, aber sozialversicherungspflichtig sind. Es gibt weiterhin keine Sperr- oder Haltefristen für Vermögensbeteiligungen.
Für kleine- und mittlere Unternehmen (KMU) mit weniger als 1.000 Mitarbeitern und einem Umsatz von maximal 100 Millionen Euro, die höchstens 20 Jahre alt sind, wurde die nachgelagerte Besteuerung eingeführt. Diese Regelung ermöglicht es Arbeitgebern, Vermögensbeteiligungen unentgeltlich oder verbilligt zu übertragen, ohne dass der Vorteil der Besteuerung unterliegt. Die Steuerpflicht tritt erst ein, wenn die Vermögensbeteiligung verkauft wird oder 15 Jahre seit der Übertragung vergangen sind. Die ursprünglich geplante Konzernregelung entfällt, und Mitarbeiter können sich nur am gebenden Unternehmen beteiligen.
Die Einkommensgrenze für die Arbeitnehmersparzulage wurde von 20.000 Euro auf 40.000 Euro zu versteuerndem Einkommen für Ledige und von 40.000 Euro auf 80.000 Euro für Verheiratete angehoben. Diese Maßnahme soll die Attraktivität von vermögenswirksamen Leistungen für eine breitere Gruppe von Arbeitnehmern steigern.
Vieles wurde getan, einiges bleibt noch zu tun, um die „Brücke zwischen Kapital und Arbeit” weiter zu stärken.
Von Dr. Hans-Jörg Naumer und Dirk Lambach
Mitarbeiterkapitalbeteiligung hat eine Mehrheit in Deutschland, so belegten es die mittels Qualtrics geführten Umfragen von Economic Research der Allianz bereits 2022, so findet es auch 2024 wieder eine Bestätigung.
Die Mehrheit der Deutschen, wie auch einiger anderer europäischer Länder, für welche die Umfragen durchgeführt wurden, sind dafür. Insgesamt wurden in Deutschland (1.020), Frankreich (1.020), Italien (1.021), Polen (1.032), Spanien (1.006) und Österreich (1.171) 6.270 Personen befragt. Auf die Frage „Würden Sie an einem Programm für Mitarbeiteraktien Ihres Arbeitgebers teilnehmen, wenn Sie dazu Zugang hätten?“ antworteten 19,4% mit „Ja, in jedem Fall“, weitere 36,4% mit „Ja, wenn es steuerliche Vorteile mit sich bringt.“ 16,5% sind unentschieden. Weniger als ein Drittel lehnen die Mitarbeiterkapitalbeteiligung ab.
Im Ländervergleich liegt Deutschland (53,3% bedingte und unbedingte Zustimmung) im Mittelfeld der Zustimmungsraten. In Polen und Spanien sind diese mit 67,4% und 61,1% noch höher. Im Vergleich zu den Umfragen der Vorjahre 2021 und 2023 hat ist die Zustimmung zur Mitarbeiterkapitalbeteiligung weiter gestiegen.

Auch der Generationenvergleich ist über die Länder hinweg sehr aufschlussreich. Dabei zeigt sich: Je jünger desto mehr Zustimmung. So hat die Mitarbeiterkapitalbeteiligung bei der GenZ und den Millennials eine gute Zwei-Drittel-Mehrheit. Bei den Boomern fällt sie auf 32,1% und ist sogar etwas niedriger als bei der Rentnergeneration (34,2%). Verständlich: Je mehr Lebensarbeitszeit jemand noch vor sich hat, desto attraktiver sind für ihn auch Vermögensbildung und Mitarbeiterkapitalbeteiligung.
Interessant ist auch der vergleichsweise hohe Prozentsatz der Unentschlossenen. Gerade hier könnte neben finanzieller Aufklärung auch die steuerliche Förderung helfen, sowie auch ein breiteres Angebot durch mehr Firmen.
Seit Anfang 2024 gibt es das Zukunftsfinanzierungsgesetz. Unter anderem wurde dadurch der steuerliche Freibetrag für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen von 1.440 EUR auf 2.000 EUR erhöht. Der Vergleich mit einigen Nachbarländern zeigt, dass dieser Freibetrag noch sehr moderat ausgefallen ist, vor allem wenn man z. B. an die Start-ups denkt oder Management-Buy-Outs. Hier kommt es immer noch zu steuerlichen Benachteiligungen.
Beispiel: Eine Firma wird verkauft. Wird sie an Mitarbeiter zu einem Wert unterhalb des Marktwertes verkauft, wird das als geldwerter Vorteil steuerlich relevant. Wird die Firma an unbeteiligte Dritte veräußert, spielt der Preis keine Rolle. Ein geldwerter Vorteil kann nicht in Betracht kommen. Was aber ist dieser Marktpreis? Viele Unternehmer suchen doch händeringend Nachfolger und sind froh, wenn sie verkaufen können. Zu verschenken hat niemand etwas.
Aber auch bei den Unternehmen selbst ist noch Luft nach oben, denn nur 2 bis 3 % der Unternehmen bieten Mitarbeiterbeteiligungsprogramme an. Während bei den börsennotierten Unternehmen und den Start-ups Beteiligungsangebote durchaus verbreitet sind, ist es vor allem der Mittelstand, der mit einer Mitarbeiterbeteiligung noch fremdelt. Das liegt nicht zuletzt an Vorbehalten und mangelnder Kenntnis über Möglichkeiten, die Mitarbeiter auch dann zu beteiligen, wenn das Unternehmen keine Aktien ausgeben kann.
Dabei wären mit den neuen Regelungen durchaus gute Voraussetzungen geschaffen, der Mitarbeiterbeteiligung in Deutschland zum Durchbruch zu verhelfen. Immerhin handelt es sich mit 2.000 Euro Freibetrag, die die Mitarbeiter steuer- und abgabenfrei als Vermögensbeteiligungen am Unternehmen pro Jahr erhalten können, um den größten Steuervorteil, den man den Beschäftigten sachungebunden zukommen lassen kann. Sollte der Arbeitgeber den Freibetrag nicht vollständig ausschöpfen, kann der Mitarbeiter zudem selbst entscheiden, ob er mit Teilen seines Gehalts eine Mitarbeiterbeteiligung bis zu 2.000 Euro im Rahmen einer Entgeltumwandlung erwerben will.
Tatsächlich muss man aber fairerweise hinterfragen, wer außerhalb der Start-up- und Kapitalmarktszene überhaupt etwas von den positiven Änderungen für die Mitarbeiterbeteiligung mitbekommen hat. Denn die neuen Regelungen zur Mitarbeiterbeteiligung kamen ein wenig verdeckt daher. Verpackt im sogenannten Zukunftsfinanzierungsgesetz ging es dem Bundeskabinett vor allem darum, den Start-up-Standort Deutschland im internationalen Wettbewerb um hochqualifizierte Beschäftigte besser zu positionieren. Unter einem von rund 30 Artikeln des Gesetzes finden sich dann die geltenden Regelungen zur Mitarbeiterbeteiligung.
Wünschenswert wäre es, dass die Politik die Mitarbeiterbeteiligung als gesamtgesellschaftliche Thematik positioniert, um der Mitarbeiterbeteiligung mehr Beachtung zu verleihen. Ähnlich wie sie es bei anderen Themen in der Vergangenheit – wie beispielsweise CSR oder Nachhaltigkeit – unternommen hat, könnte sie das Thema durch Kampagnen in die Unternehmen tragen. Zum anderen könnten sich aber auch die Gewerkschaften weiter für das Thema öffnen, die sich bisher eher ablehnend oder mit einem grundsätzlichen „Ja, aber“ dazu positionieren.
Aktuell erarbeitet das Wirtschaftsforum der FDP-Bundestagsfraktion einen Vorschlag für ein Zukunftsfinanzierungsgesetz II, womit u. a. die Aktienkultur gestärkt werden soll. Vielleicht bietet sich hier ein erster Anknüpfungspunkt, die Mitarbeiterbeteiligung thematisch breiter in ihrer gesellschaftspolitischen Relevanz zu verankern.

Mit der Einführung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) durch die Europäische Union wird Nachhaltigkeit zunehmend zum verpflichtenden Bestandteil der Unternehmensberichterstattung. Gemäß dieser EU-weiten Richtlinie, die ab 2024 schrittweise in Kraft tritt, müssen Unternehmen umfassend über ihre Umwelt-, Sozial- und Governance-Maßnahmen (ESG-Kriterien) berichten. Dabei hängt der Erfolg einer nachhaltigen Unternehmensstrategie maßgeblich von der Integration und Motivation der Mitarbeitenden ab. Die Mitarbeiterbeteiligung kann hier ein entscheidender Hebel sein, indem sie zum einen eine direkte Verbindung zwischen Belegschaft und Unternehmensstrategie schafft und zum anderen gleichzeitig soziale und ökologische Nachhaltigkeitsziele unterstützt.
Mit der Einführung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) wird Nachhaltigkeit von einer freiwilligen Aufgabe zu einem verpflichtenden Element unternehmerischen Handelns. Die neue EU-weite Richtlinie wurde entwickelt, um sicherzustellen, dass Unternehmen detailliert über ihre Umwelt-, Sozial- und Governance-Leistungen (ESG-Kriterien) berichten und so Transparenz und Verantwortung in der Geschäftswelt hergestellt wird.
Ab 2024 gilt die CSRD schrittweise für Unternehmen in der EU und erweitert die bisherigen Berichtspflichten, wie sie in der Non-Financial Reporting Directive (NFRD) festgelegt waren. Ziel der neuen Richtlinie ist es, nachhaltige Investitionen zu fördern, das Vertrauen der Stakeholder zu stärken und den Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft in der EU zu beschleunigen.
Die CSRD stellt damit neue Anforderungen an die Unternehmen, die sowohl den Umfang als auch die Tiefe der Berichterstattung betreffen. Künftig müssen diese nicht nur ihre finanzielle Performance, sondern auch ihre sozialen und ökologischen Auswirkungen offenlegen. Dazu gehören Angaben zu Klimaschutzmaßnahmen, Ressourceneffizienz, Arbeitnehmerrechten, Chancengleichheit und Governance-Strukturen.
Besondere Bedeutung hat dabei das Prinzip der doppelten Materialität: Unternehmen müssen sowohl darlegen, wie sich ihre Geschäftstätigkeit auf Umwelt und Gesellschaft auswirkt (Inside-Out-Perspektive), als auch, wie ökologische und soziale Risiken das Unternehmen beeinflussen können (Outside-In-Perspektive).
Die CSRD verlangt zudem eine einheitliche Berichterstattung auf Basis der European Sustainability Reporting Standards (ESRS). Diese Standards definieren klare Leitlinien und Kennzahlen für die Erfassung von ESG-Daten und ermöglichen so eine vergleichbare und überprüfbare Nachhaltigkeitsberichterstattung.
Die Anforderungen betreffen nicht nur Großunternehmen, sondern auch viele kleine und mittelständische Unternehmen (KMUs), die in Lieferketten eingebunden sind. Unternehmen müssen nun umfangreiche Prozesse implementieren, um ESG-Daten zu erheben, zu analysieren und in ihre Geschäftsstrategien zu integrieren.
Mitarbeiterbeteiligung ist nicht nur ein Instrument zur Steigerung der Motivation und Bindung der Belegschaft, sondern kann auch zur Erreichung von Nachhaltigkeitszielen beitragen. Das zeigt die 2023 veröffentlichte Studie “Employee Financial Participation and Corporate Social and Environmental Performance” von Braam et al. Die Autoren untersuchen den Einfluss verschiedener Beteiligungsmodelle – wie Aktienoptionen, Gewinnbeteiligung und Kapitalbeteiligung – auf die soziale und ökologische Leistung von Unternehmen. Dabei wird besonders deutlich, dass breit angelegte Kapitalbeteiligungspläne, die allen Mitarbeitenden zugänglich sind, signifikant zur Verbesserung der Corporate Sustainability Performance (CSP) beitragen.

Zunächst fördern sie die Stakeholder-Orientierung, da Mitarbeitende sich stärker mit den langfristigen Zielen des Unternehmens identifizieren. Dieses Engagement erstreckt sich nicht nur auf wirtschaftliche, sondern auch auf soziale und ökologische Ziele. Zweitens wird das Konzept des psychologischen Eigentums gestärkt: Mitarbeitende, die finanziell beteiligt sind, entwickeln ein Gefühl von Verantwortung und Identifikation mit dem Unternehmen. Drittens schaffen solche Modelle eine stärkere Verbindung zwischen internen und externen Stakeholdern, da sie die Wahrnehmung der Mitarbeitenden für die gesellschaftliche Rolle ihres Unternehmens erweitern.
Demgegenüber weisen reine Gewinnbeteiligungspläne, die nicht mit einer Kapitalbeteiligung kombiniert sind, in der Regel eine geringere CSP auf. Diese Pläne fördern zwar kurzfristige Leistung, bieten jedoch keine Anreize für langfristige Investitionen in soziale oder ökologische Nachhaltigkeit. Des Weiteren wird von den Autoren dargelegt, dass soziale und ökologische Investitionen zwar häufig als Kosten wahrgenommen werden, jedoch langfristig signifikante Synergien generieren können. Unternehmen mit hoher CSP profitieren von einer verbesserten Reputation, stärkeren Beziehungen zu externen Stakeholdern sowie einer höheren Loyalität der Belegschaft. Dies bestätigt die Theorie der Legitimität und Unternehmensreputation, wonach soziale und ökologische Investitionen die Glaubwürdigkeit und Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens stärken.
Bei dem Büromöbelhersteller Sedus basiert das Nachhaltigkeitsverständnis auf den drei Säulen Soziales, Ökologie und Ökonomie. Dabei setzt das Unternehmen bereits seit den 1950er-Jahren u. a. auf die Mitarbeiterbeteiligung. Ergänzt wird dieses Modell durch eine Vielzahl von Maßnahmen im Bereich der sozialen Nachhaltigkeit. Dazu zählen ergonomische Arbeitsplätze, Gesundheitsprogramme, Sportangebote und eine betriebliche Verpflegung mit regionalen und nachhaltigen Produkten. Darüber hinaus fördert Sedus seine soziale Verantwortung durch zwei Stiftungen, die zum einen Wissenschaft und Umweltschutz sowie zum anderen Projekte für benachteiligte Kinder unterstützen. Diese Kombination aus finanzieller Beteiligung der Beschäftigten, sozialem Engagement und ökologischer Verantwortung zeigt, wie eine ganzheitliche Nachhaltigkeitsstrategie aussehen kann, die nicht nur die Anforderungen der CSRD-Richtlinien erfüllt, sondern Sedus auch als attraktiver Arbeitgeber und gesellschaftlich verantwortliches Unternehmen positioniert.
Auch der Snackhersteller Seeberger verknüpft seine sozialen Nachhaltigkeitsziele mit einer Mitarbeiterbeteiligung. Seit 1984 profitieren die Mitarbeitenden von einem Gewinnbeteiligungsmodell, das durch kapitalbasierte Programme zur Vermögensbildung ergänzt wurde. Gleichzeitig setzt Seeberger auf eine stärkere Einbindung der Belegschaft in die Unternehmensgestaltung und eine verbindende Unternehmenskultur, was unter anderem mit dem Projekt „Ein Seeberger” gezielt gefördert wird. Damit erfüllt das Unternehmen auch Anforderungen der CSRD hinsichtlich Transparenz und Mitbestimmung. Grundsätzlich bedeutet nachhaltiges Handeln für Seeberger, dass sie ihre Handlungs- und Arbeitsumfelder so gestalten, dass auch zukünftige Generationen auskömmlich leben und arbeiten können. Dazu hat Seeberger neben der Mitarbeiterbeteiligung weitere konkrete Maßnahmen in die Wege geleitet und umgesetzt, wie z. B. die Erstellung von Klimabilanzen zur Ableitung konkreter CO₂-Einsparungen sowie Nachhaltigkeitsleitlinien für Lieferanten.
Ein besonders innovatives Beispiel liefert EJOT, das bis 2035 klimaneutral werden möchte. Im Rahmen des Programms „wejot” können Mitarbeitende Teile ihres Gehalts investieren, die vom Unternehmen aufgestockt werden, wenn CO₂-Reduktionsziele erreicht werden. Diese Mittel fließen in interne Nachhaltigkeitsprojekte, die den ökologischen Fußabdruck des Unternehmens verringern. Darüber hinaus hat EJOT einen Ideenwettbewerb ins Leben gerufen, bei dem Mitarbeitende Vorschläge zur CO₂-Reduktion einbringen können. Bereits über 800 Ideen wurden gesammelt und teilweise umgesetzt. Diese Maßnahmen fördern nicht nur das Engagement der Mitarbeitenden, sondern machen Klimaschutz zu einem integralen Bestandteil der Unternehmenskultur. Das Befestigungstechnikunternehmen verbindet so auf innovative Weise ökologische Nachhaltigkeit, wirtschaftliche Leistung und soziale Verantwortung und zeigt, wie Unternehmen die Motivation ihrer Belegschaft nutzen können, um ökologische Ziele zu erreichen.
Mitarbeiterbeteiligung ist mehr als nur ein Mittel zur Mitarbeitermotivation und -bindung. Sie kann als ein strategisches Instrument genutzt werden, um soziale und ökologische Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Kapital- und Gewinnbeteiligungsmodelle fördern als soziale Dimension der Nachhaltigkeit Chancengleichheit, finanzielle Sicherheit und Arbeitszufriedenheit der Beschäftigten. Zugleich fördern sie auch die Governance, indem sie Transparenz und Mitbestimmung stärken.
Breit angelegte Kapitalbeteiligungsmodelle ermöglichen es hierbei den Mitarbeitenden, aktiv an der Unternehmensgestaltung teilzunehmen, was die Governance-Strukturen verbessert und das Vertrauen der Stakeholder erhöht. Zu guter Letzt kann die Mitarbeiterbeteiligung auch eine Brücke zwischen sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit schlagen, indem finanzielle Anreize genutzt werden, um die Motivation der Mitarbeitenden für Klimaschutz und Ressourcenschonung zu steigern.
Unternehmen, die auf breit angelegte und klar definierten Nachhaltigkeitszielen verknüpfte Beteiligungsmodelle setzen, können somit nicht nur ihre ESG-Ziele (Umwelt, Soziales, Governance) erreichen und den Anforderungen der neuen Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) gerecht werden, sondern auch langfristige Wettbewerbsvorteile sichern. Denn sie profitieren von einer besseren Reputation, stärkeren Beziehungen zu Stakeholdern und einer höheren Loyalität der Belegschaft.
Diese Vorteile führen zu einer stabileren wirtschaftlichen Performance und einem besseren Zugang zu Finanzierungen, da Investoren zunehmend Wert auf Nachhaltigkeit legen. Durch die Kombination finanzieller Anreize mit sozialen und ökologischen Maßnahmen schaffen sie zudem eine nachhaltige und resiliente Zukunft – für ihre Mitarbeitenden, ihre Stakeholder und die Gesellschaft.
Für die freiwillige ESG-Berichterstattung dienten bisher unterschiedliche Standards wie die Global Reporting Initiative (GRI), der Deutsche Nachhaltigkeitskodex oder der UN Global Compact als Richtlinie. Die GRI-Standards wurden dabei weltweit am häufigsten genutzt. Sie bieten Unternehmen weltweit sowohl einen zuverlässigen Rahmen als auch Orientierungshilfe für das Reporting über ihre nachhaltigkeitsbezogenen Auswirkungen.
Unter dem Standard GRI 401-2 werden Angaben zu betrieblichen Leistungen gemacht, die vollzeitbeschäftigten Angestellten standardmäßig angeboten werden. Dazu gehören u. a. Lebensversicherung, Altersversorgung, Aktienbeteiligung und sonstige.
Mit der CSRD läutet die EU einen Paradigmenwechsel in der ESG-Berichterstattung ein: Um mehr Transparenz und Vergleichbarkeit unter den großen und mittelständischen Unternehmen zu schaffen, werden betroffene Unternehmen erstmals dazu verpflichtet, mit den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) umfassende Informationen zu Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekten innerhalb des Lageberichts offenzulegen. Genau wie die Finanzkennzahlen unterliegen diese Angaben auch der Prüfungspflicht im Zuge der Jahresabschlussprüfung.
Die Standards sind in vier Gruppen unterteilt: Allgemein, Umwelt, Soziales und Governance. Unter den sozialen Standards werden mit dem ESRS S1 Themen abgefragt, die die eigenen Mitarbeiter betreffen. Die Hauptthemen des Standards sind Arbeitsbedingungen, grundlegende Arbeitnehmerrechte und Gleichberechtigung. Ziel des Standards ist es, die Arbeitsbedingungen und deren Auswirkungen auf das Unternehmen und die Mitarbeiter zu bewerten.
Dazu gehört auch die Darstellung der Einbindung von Mitarbeitern und Arbeitnehmervertretern in Unternehmensentscheidungen sowie die Beschreibung von Ansätzen und Maßnahmen zur Bewältigung wesentlicher negativer und positiver Auswirkungen sowie zur Minderung wesentlicher Risiken und Nutzung wesentlicher Chancen.

Vor 135 Jahren gründete Ernst Abbe die Carl-Zeiss-Stiftung. Seine Ideen prägen bis heute die Soziale Marktwirtschaft.
Als sich der Mechaniker Carl Zeiss, der Physiker Ernst Abbe und der junge Glaschemiker Otto Schott in Jena zusammentaten, um die besten Mikroskope der Welt zu bauen, konnten sie nicht ahnen, dass sie der erste Bundespräsident der Bundesrepublik dereinst voller Hoffnung als Vorreiter der Sozialen Marktwirtschaft feiern würde: als Unternehmer und Vordenker, deren Ideen von Führung, Mitarbeiterbeteiligung und sozialer Verantwortung nach dem Zusammenbruch von Nazi-Deutschland als Blaupause für eine neue Wirtschaftsordnung taugten.
Dass die Geschichte der Männer aus Jena später sogar zum Vorbild von Unternehmensverfassungen werden sollte, lag vor allem an Ernst Abbe. Vom Sohn eines Fabrikarbeiters zum Unternehmer aufgestiegen, entwickelte Abbe seine eigene Unternehmensphilosophie. Vieles von seinem Gedankengut ist heute Konsens, zu seiner Zeit aber war es revolutionär. Angefangen vom Verbot der Kinderarbeit, über einen eigenen Pensionsfonds bis hin zur Betriebskrankenkasse machte Abbe vieles anders. Im Jahr 1900 führte er erstmals in Deutschland den Achtstundentag ein, schon vier Jahre zuvor hatte er eine Mitarbeiterbeteiligung bei den Optischen Werkstätten Carl Zeiss in Jena ins Leben gerufen, bei denen er Teilhaber war.
Mit ihr wollte er bei Akzeptanz der Garantie der Mindestlöhne das gesamte Arbeitseinkommen an einer prosperierenden Entwicklung der Geschäftslage des einzelnen Unternehmens teilhaben lassen. Die Arbeitnehmer davon ausschließen zu wollen, sah er als „grobe Unbilligkeit“ an. Gleichzeitig diente die Mitarbeiterbeteiligung nach Abbes Vorstellung dazu, einen Teil des gesamten Arbeitseinkommens der Mitarbeiter trotz der Fixierung der Löhne und Gehälter durch „Lohnregulierung“ wieder elastisch zu machen.
In seiner Rede „Über die Gewinnbeteiligung der Arbeiter in der Großindustrie“ vom 28. Januar 1897 offenbarte er seine Ziele der Beteiligung der Mitarbeiter bei den Zeiss-Werken und setzte sich eingehend mit den unterschiedlichen Motiven auseinander, die in der damaligen, breit geführten Diskussion um die Mitarbeiterbeteiligung eine Rolle spielten.
Die Einführung einer erfolgsorientierten Entgeltkomponente stützte Abbe auf mehrere Argumente. Im Hinblick auf die Garantie der Mindestlöhne, die sich zu seiner Zeit durchzusetzen begann, gab bei ihm die folgende Überlegung den Ausschlag:
„Das tatsächliche Arbeitseinkommen des Personals muss in zwei Teile zerlegt werden; der eine von diesen, der Lohn (oder Gehalt), der unwiderruflich sein soll, darf keiner Rücksicht auf aufsteigende Konjunktur oder gehobenen Geschäftsgang unterworfen sein, muss vielmehr bemessen werden können nach den normalen, durch den Lohn gegebenen Wirtschaftsbedingungen des Betriebes; der andere Teil muss sich, von der durch den Lohn gegebenen Grundlinie aus, aufsteigendem Geschäftsgang anpassen und diejenige Erhöhung des Arbeitsertrages bringen, die dem Personal als Anteil an den Vorteilen günstiger Konjunktur zukommen muss.“
Um das Vermächtnis seiner Unternehmensphilosophie zu bewahren, gründete er 1889 zu Ehren seines verstorbenen Mitgründers die Carl-Zeiss-Stiftung. Sie übernimmt später alle Unternehmensteile von Zeiss. Im Stiftungsstatut regelte Abbe in 122 Paragraphen haarklein Aufgabe, Zweck und Organisation der Stiftung: Sie sollte für das Überleben und die Unabhängigkeit der Unternehmen sorgen, besonderen Wert auf den Umgang mit den Mitarbeitern legen und mit den Gewinnen Wissenschaft und Forschung fördern.
Die Einsatzfelder und Ausgestaltungsformen von Mitarbeiterkapitalbeteiligungen (MKB) sind vielfältig. Ebenso vielfältig und damit komplex ist ihre steuerliche Behandlung. Dies liegt daran, dass es kein einheitliches Besteuerungsregime für MKB gibt, sondern im Einzelfall unterschiedliche Regelungen zur Anwendung kommen.
Dieser Gemengelage begegnet die Praxis mit „Best Practice“-Modellen, indem für verschiedene Unternehmensgruppen wie börsennotierte Unternehmen, mittelständische Unternehmen oder Start-ups und Scale-ups typisierende Programme eingesetzt werden, die sich bewährt haben. Große Herausforderungen ergeben sich jedoch, wenn das Arbeitgeberunternehmen – oft aus sehr überzeugenden rechtlichen oder wirtschaftlichen Gründen – von der Best Practice abweichen möchte.
Der folgende Beitrag beleuchtet einige Facetten der bestehenden Gemengelage und stellt einen ganzheitlichen Reformvorschlag vor, der zu einer Vereinheitlichung und Vereinfachung der Besteuerung von MKB führen könnte.
Arbeitgeber führen ein Beteiligungsprogramm in der Regel nur dann ein, wenn dieses aus ihrer Sicht gesamtsteuerlich attraktiv erscheint. Unter der Gesamtsteuerbelastung ist in diesem Zusammenhang die Belastung auf Arbeitnehmer- und Arbeitgeberebene über den gesamten Lebenszyklus der Beteiligung zu verstehen: Erwerb, Haltephase und Veräußerung. Als Vergleichsmaßstab werden häufig laufende Gehalts- oder Bonuszahlungen herangezogen.
Arbeitslohn ist grundsätzlich auch sozialversicherungspflichtig, soweit die Beitragsbemessungsgrenzen noch nicht überschritten sind. Aus Vereinfachungsgründen wird im Folgenden auf Ausführungen zur Sozialversicherung verzichtet.
Beim Arbeitgeber kann Personalaufwand geltend gemacht werden, der den steuerlichen Gewinn mindert und somit zu einer Steuerersparnis von ca. 30 % (Körperschaft- und Gewerbesteuer) der Zahlung führt.
Ein weiterer Vergleichsmaßstab ist die Besteuerung von Anteilseignern, die keine Arbeitnehmer sind. Bei diesen unterliegen Dividenden und Veräußerungsgewinne in der Regel einem Steuersatz von 26,4 % bzw. bis zu 28,5 % (Abgeltungsteuer bzw. tarifliche Einkommensteuer mit Teileinkünfteverfahren, jeweils inkl. SolZ).
Systematisch ist diese vergleichsweise niedrigere Besteuerung der Anteilseigner damit zu begründen, dass in diesen Fällen keine den steuerlichen Gewinn mindernden Aufwendungen beim Unternehmen in Betracht kommen, sprich eine Vorbelastung mit Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer gegeben ist.
MKB haben wirtschaftlich einerseits Entlohnungscharakter, andererseits aber auch Kapitalanlagecharakter. Auch das Steuerrecht folgt dieser Sichtweise, wobei jedoch Arbeitnehmer- und Arbeitgeberebene getrennt betrachtet werden (fehlende Korrespondenz).
Die fehlende Korrespondenz kann dazu führen, dass die Gesamtsteuerbelastung höher ausfällt als bei den beiden oben beschriebenen grundsätzlichen Besteuerungsregimen für Gehälter bzw. Boni und Kapitalbeteiligungen. Verallgemeinert ist dies dann der Fall, wenn die Vorteile aus der MKB beim Arbeitnehmer als Arbeitslohn, beim Arbeitgeber aber wie Kapitalbeteiligungen, d. h. ohne Abzug von Personalaufwand, besteuert werden (wirtschaftliche Doppelbesteuerung) und keine speziellen Förderungen (z. B. der Freibetrag nach § 3 Nr. 39 EStG) greifen.
Der verbilligte Erwerb von Aktien oder GmbH-Anteilen durch Arbeitnehmer führt in Höhe des Preisnachlasses zu Arbeitslohn. Der Arbeitgeber darf jedoch nur dann Personalaufwand geltend machen, wenn eigene Anteile verwendet werden. Ist die Verwendung eigener Anteile nicht möglich, wie es häufig bei Start-ups der Fall ist, und erfolgt die Beschaffung der Anteile stattdessen im Rahmen einer Kapitalerhöhung, ist ein Ansatz von Personalaufwand nicht möglich.
Dividenden und Veräußerungsgewinne aus (verbilligt) erworbenen Anteilen sind grundsätzlich wie Kapitalbeteiligungen fremder Dritter zu behandeln. Gilt der Mitarbeiter jedoch steuerlich nicht als wirtschaftlicher Eigentümer oder ist der Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis insgesamt zu eng, erfolgt eine Umqualifizierung in Arbeitslohn. Die Gesamtsteuerbelastung ist bei einer Umqualifizierung hoch, da auf der Ebene des Arbeitgebers trotzdem kein Personalaufwand anzusetzen ist (fehlende Korrespondenz). Auch wenn der Bundesfinanzhof der Umqualifizierung in den letzten Jahren zunehmend einen Riegel vorschiebt, ist diese Problematik noch nicht gänzlich beseitigt.
Vor der anstehenden Bundestagswahl wollten wir von den im Bundestag vertretenden Parteien der Mitte wissen, wie sie zu den Themen Vermögensbildung und Mitarbeiterbeteiligung stehen. Angesichts der sehr verkürzten Zeitläufe in diesem Wahlkampf haben sich die Generalsekretäre der Parteien CDU, CSU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP jedoch darauf geeinigt, nur Wahlprüfsteine von einigen wenigen vorab gemeinsam vereinbarten, die gesamte Breite des gesellschaftlichen Spektrums repräsentierenden Verbänden und Organisationen zu beantworten. Wir haben daher die Wahlprogramme der Parteien in Bezug zur Mitarbeiterkapitalbeteiligung eigenständig gesichtet und entsprechende Anknüpfungspunkte herausgearbeitet.
Während in den Wahlprogrammen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen keine Aussagen zu unseren Anliegen zu finden sind, wollen die Freien Demokraten die Mitarbeiterkapitalbeteiligung als Chance für den langfristigen Vermögensaufbau etablieren. Um darüber hinaus die Rahmenbedingungen für Start-ups im internationalen Wettbewerb um gut qualifizierte Fachkräfte zu verbessern, soll die Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen erst bei der Veräußerung einsetzen und der von Unternehmensbeteiligungen entsprechen. Zudem will die FDP eine eigene Anteilsklasse für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen schaffen, um den teuren und administrativ aufwendigen Prozess der Übertragung von GmbH-Anteilen zu vereinfachen.
Unter dem Motto „Neue Impulse für mehr Eigentum im Land“ wollen CDU und CSU mehr Menschen die Möglichkeit verschaffen Eigentum aufzubauen. Das Versprechen der Sozialen Marktwirtschaft „Wohlstand für alle“ wollen sie insbesondere für kleine und mittlere Einkommen auch durch eine bessere Teilhabe am Erfolg der Unternehmen und deren Produktivkapital einlösen. Um die Attraktivität der Mitarbeiterkapitalbeteiligung zu erhöhen, setzen die Unionsparteien vor allem auf klare gesetzliche Rahmenbedingungen, weniger Bürokratie und höhere steuerliche Freibeträge. Darüber hinaus wollen sie sich für eine Harmonisierung der Regelungen in der EU einsetzen und bürokratische Hürden abbauen. Außerdem sollen die Freibeträge bei der Einkommensteuer deutlich erhöht und Beteiligungen grundsätzlich erst bei der Veräußerung besteuert werden.
Um den Vermögensaufbau von Geringverdienern stärker zu unterstützen, planen CDU und CSU die Einführung einer Vermögensbildungsprämie, in der die Arbeitnehmersparzulage und die Wohnungsbauprämie verschmelzen sollen. Der Förderbetrag soll dabei deutlich erhöht und die Einkommensgrenzen vereinheitlicht werden. Außerdem soll ein Freibetrag für Erträge aus vermögenswirksamen Leistungen eingeführt werden, um sie für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer attraktiver zu machen. Um Anreize für langfristiges Sparen zu setzen, soll die Haltefrist auf zehn Jahre verlängert und der Freibetrag für jedes Jahr, für das zusätzlich gespart wird, steigen.
In einem richtungsweisenden Urteil hat der Bundesfinanzhof (BFH) am 20. November 2024 (Az. VI R 21/22) entschieden, dass die unentgeltliche Übertragung von Gesellschaftsanteilen an leitende Mitarbeiter zur Sicherung der Unternehmensnachfolge keinen Arbeitslohn darstellt. Voraussetzung ist, dass die Übertragung nicht in erster Linie durch das Dienstverhältnis veranlasst ist und die Anteile nicht an den Fortbestand des Dienstverhältnisses geknüpft sind. Im vorliegenden Fall übertrugen die Gesellschafter einer GmbH zur Sicherung der Unternehmensnachfolge Anteile an ihren Sohn sowie an mehrere leitende Angestellte. Das Finanzamt sah darin einen geldwerten Vorteil und damit Arbeitslohn. Der BFH bestätigte nun jedoch in seinem Urteil die Entscheidung des Finanzgerichts Sachsen-Anhalt, das keinen Arbeitslohn anerkannt hatte, da die Übertragung der Anteile vorrangig der Regelung der Unternehmensnachfolge gedient habe und nicht als Gegenleistung für die Arbeitsleistung der Arbeitnehmer anzusehen sei. Mit dem Münchener Urteil eröffnen sich nun neue Möglichkeiten der internen Unternehmensnachfolge, da insbesondere die Finanzierung eines Management-Buy-Outs (MBO) durch die bisherige Besteuerungspraxis erschwert wurde. Inwieweit bei der Übertragung von Unternehmensanteilen an eine breitere Mitarbeiterschaft (Employee Buy Out) auf die aktuelle Rechtsprechung Bezug genommen werden kann, bleibt abzuwarten.
Im Mai dieses Jahres haben die AGP und der Deutsche Führungskräfteverband ULA den „Aktionskreis Mitarbeiterbeteiligung“ gegründet, um Expertinnenund Experten aus den Unternehmen, den Sprecherausschüssen der leitenden Angestellten sowie der Wissenschaft und Vergütungsexperten zusammenzubringen und zu beraten, welche Herausforderungen und Möglichkeiten in der Praxis bestehen, um dem Instrument aus Sicht von Unternehmen allerGrößen und deren Mitarbeitenden zum wirklichen Durchbruch zu verhelfen.
Nach der erfolgreichen Auftaktsitzung haben sich die Mitglieder vor dem Hintergrund der bevorstehenden Bundestagswahl dazu entschlossen, konkrete Handlungsempfehlungen für die politischen Entscheidungsträger zu erarbeiten, um damit zum einen in den Parteien für die Mitarbeiterbeteiligung zu werben und zum anderen Anregungen zu formulieren, mit welchen Maßnahmen eine weitere Verbreitung der Mitarbeiterbeteiligung vorangebracht werden könnte. Entstanden sind dabei 12 konkrete Handlungsempfehlungen für eine Vereinfachung und spürbare Stärkung der Vermögensbildung und Teilhabe.
1. Sozialversicherungsfreiheit bei Entgeltumwandlung
Während die Anwendung des Steuerfreibetrags von 2.000 Euro im Wege der Entgeltumwandlung möglich ist, greift die Beitragsfreiheit in diesem Fall nicht. Dies führt zum einen in der betrieblichen Praxis zu zusätzlichem Aufwand und Bürokratie, denn für jede persönliche Entgeltumwandlung muss die individuelle Beitragspflicht überprüft und abgeführt werden. Zum anderen führt dies zu einer Ungleichbehandlung unter den unterschiedlichen Einkommensgruppen, da bei den höheren Einkommensgruppen die Beitragsbemessungsgrenze greift und ihre Entgeltumwandlung beitragsfrei bleibt. Die Sozialversicherungsfreiheit wäre ein wichtiger Beitrag, diese Ungleichbehandlung zu beenden und das Instrument für Arbeitnehmer und Arbeitgeber attraktiver zu gestalten.
2. Nachgelagerte Besteuerung nach § 19a EStG für alle Unternehmen
Die Dry-Income Problematik betriff Startups, Mittelstand und Aktiengesellschaften gleichermaßen. Insbesondere Arbeitnehmer von nicht-börsennotierten Unternehmen sind mit einer verschärften Dry Income-Problematik konfrontiert. Denn anders als bei börsennotierten Unternehmen ist eine kurzfristige Veräußerung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung zur Deckung der anfallenden Steuerbeträge mangels aktiver Märkte häufig nicht möglich.
3. Erhöhung des Freibetrags auf 5.000 Euro
Zum einen würde hierdurch eine weitere Anpassung an europäisches Niveau vollzogen. Zum anderen würde sich größerer Spielraum für die Entgeltumwandlung bieten, die in der Praxis der Mitarbeiterbeteiligung weit verbreitet und etabliert ist.
4. Erhöhung der vermögenswirksamen Leistungen und der Arbeitnehmersparzulage
Die Arbeitnehmer-Sparzulage hat sich im Laufe der Jahrzehnte zu einem Auslaufmodell entwickelt. Als ein Grund dafür zeigt sich in der Praxis der zu hohe bürokratische Aufwand für einen zu geringen Betrag der Arbeitnehmer-Sparzulage von nur 80 Euro pro Jahr. Um die Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand wiederzubeleben, wäre eine Verdreifachung der Arbeitnehmersparzulage auf 240 Euro im Jahr und des Höchstbetrages von 400 Euro auf 1.200 Euro sinnvoll.
5. Berücksichtigung als Anlageform für die Altersvorsorge und Vermögensbildung
Folgende Maßnahmen könnten hier greifen: Steuer- und sozialversicherungsfreier Brutto-für Netto-Übergang von Entgeltumwandlung in Mitarbeiterbeteiligung und von dort in betriebliche Altersversorgung. Berücksichtigung der Mitarbeiterbeteiligung als Anlageform bei der Reform der steuerlich geförderten privaten Altersvorsorge. Schaffung eines steuerfreien Anlagensparkontos, wie es das DAI 2023 vorgeschlagen hat (Bspw. bis zu 5.000 Euro pro Jahr in Aktien, Fonds und MABs anlegen – Erträge, Dividenden, Kursgewinne steuerfrei).
6. Abschaffung der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung für Beteiligungsprogramme mit
Fremdkapitalcharakter
Einige Beteiligungsprogramme sind dahingehend ausgestaltet, dass sich die Mitarbeitenden über Fremdkapitalinstrumente am Unternehmen beteiligen, beispielsweise als stille Gesellschafter oder über Genussrechte. In diesem Fall unterliegen die Vergütungen beim Unternehmen der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 a) oder c) GewStG. Bei einem doppelstöckigen Beteiligungsmodell tritt dieser Effekt sogar zweimal auf, bei der MBM selbst und bei der das Kapital verwendenden Gesellschaft. Dadurch verlieren diese Modelle aus Unternehmenssicht an Attraktivität.
7. Reduzierung der Meldeverpflichtungen für Beteiligungsprogramme
Mitarbeiterbeteiligungsgesellschaften unterliegen einer Vielzahl an Meldepflichten, u.a. Abfrage der Kirchensteuermerkmale (KISTAM-Verfahren), Mitteilungen nach § 45d EstG über in Anspruch genommene Freistellungsaufträg, Meldung über vorzeitige Verfügungen nach dem Vermögensbildungsgesetz (§ 8 VermBDV), Übermittlung der elektronischen Vermögensbildungsbescheinigung, Meldungen nach dem FATCA-Abkommen (USA) und Meldungen nach dem Finanzkonten-Informationsaustauschgesetz (FKAustG). Die Beteiligungsmodelle verlieren durch den entstehenden Verwaltungsaufwand aus Unternehmenssicht an Attraktivität, zudem schmälern sie die Rendite der beteiligten Arbeitnehmer.
8. Einführung stimmrechtsloser GmbH-Anteile bei gleichzeitiger Abschaffung/Vereinfachung der notariellen Beurkundungspflicht
Eine echte Substanzbeteiligung von Mitarbeitern an GmbHs findet in der betrieblichen Praxis keine Anwendung, da damit umfangreiche Mitbestimmungsrechte sowie notarielle Beurkundungsplichten verbunden sind. Mit einer eigenen Anteilsklasse für Mitarbeiter könnte hier ein weiterer Durchführungsweg der Mitarbeiterbeteiligung geschaffen werden, mit dem vor allem auch die Startups die Möglichkeit erhielten die Mitarbeiter an einem Exitereignis zu beteiligen.
9. Steuerbegünstigung von Nachfolgereglungen über ähnliche Konstrukte wie Employee
Ownership Trusts in England
Unternehmenseigentümer können einen Anteil von mindestens 50 Prozent der Unternehmensbeteiligungen steuerbegünstig in einen Trust übertragen, dessen Begünstigte die Beschäftigten des Unternehmens sind. Die Eigentümer werden dann schrittweise aus den Unternehmensgewinnen ausgezahlt (Bsp. Iteratec / ggf. auch andere Konstruktionen förderbar wie bspw. Mitarbeiterbeteiligungsgesellschaften).
10. Pauschalbesteuerung für Sachzuwendung nach § 37b EStG auch für Mitarbeiterbeteiligungen öffnen
Nach § 37b EStG kann ein Arbeitgeber die Einkommenssteuer für Zuwendungen für die Arbeitnehmer bis zu einem Höchstbetrag von 10.000 Euro über einen pauschalen Steuersatz von 30 Prozent übernehmen. Dies gilt zuzüglich der Sozialabgaben, der Kirchensteuer und des Solidaritätszuschlags.
11. Vereinfachung und Entbürokratisierung bei der Begebung von Belegschaftsaktien
Das Deutsche Aktieninstitut hat bereits im Jahr 2014 einen angemessenen, rechtssicheren sowie unbürokratischen Rahmen bei der Beschaffung von Aktien gefordert, die an die Mitarbeiter ausgegeben werden. Neben verschiedenen aktienrechtlichen Unklarheiten ist hierbei insbesondere die steuerliche Gleichstellung der Kapitalerhöhung zur Aktienbeschaffung mit dem Aktienrückkauf von Bedeutung. Im Gegensatz zur Kapitalerhöhung sind die hierfür aufgebrachten Kosten abzugsfähig. Die Kapitalerhöhung stellt für das Unternehmen jedoch einen kostengünstigeren Weg zur Beschaffung von Aktien für Beteiligungsprogramme dar. Aktienbeteiligungsprogramme könnten somit für Unternehmen attraktiver gestaltet werden.
12. Rechtsicherheit bei der Unternehmensbewertungen durch Anpassung an internationale
Standards
Bei der Gewährung von Aktienbeteiligungen in nichtbörsennotierten Unternehmen sowie bei der Übertragung von Unternehmensanteilen im Rahmen einer Nachfolgeregelungen wird das Thema der Bewertung in der Praxis regelmäßig relevant. Die entsprechenden Vorgaben des Bewertungsgesetzes sind allerdings sehr vage, so dass es an klaren praxisorientierten Vorgaben mangelt. Im internationalen Kontext werden in verschiedenen Jurisdiktionen Bewertungsmethoden genutzt, die von deutschen Finanzverwaltungen nicht anerkannt werden.
Zum Positionspapier: Aktionskreis Mitarbeiterkapitalbeteiligung: 12 Punkte für eine Vereinfachung und spürbare Stärkung der Vermögensbildung und Teilhabe