Erinnerung an einen großen Verfechter der Mitarbeiterbeteiligung – Philip Rosenthal wäre heute 105

Dirk Lambach, Oktober 25, 2021

Philip Rosenthal wäre am 23. Oktober 105 Jahre alt geworden. Der 1916 in Berlin geborene Porzellan-Unternehmer, beteiligte als einer der Ersten in den Wirtschaftswunderjahren seine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen am Kapital des Unternehmens und wurde dafür von Unternehmerkollegen als Sozialist gescholten. Auch in der Politik und den Unternehmerverbänden galt der politisch engagierte Chef des gleichnamigen weltbekannten Porzellanherstellers als unbequemer Querdenker. Er glaubte an soziale Gerechtigkeit und wollte die Ungleichheit zwischen Vermögenden und Lohnabhängigen verringern, indem er neben der Mitbestimmung auch die Beteiligung der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen an den Unternehmenserträgen forderte. Zwischen dem ungerechten Kapitalismus und dem ineffizienten Kommunismus stellte die Mitarbeiterbeteiligung für ihn den Weg zur Demokratisierung der Wirtschaft dar.

In seiner eigenen Firma begann Rosenthal 1963 mit der Umverteilung des zuwachsenden Vermögens. Anstelle der bis dahin üblichen Ausschüttung, ermöglichte er seinen Angestellten begünstigte Zukaufmöglichkeiten und Investmentzertifikate, die je nach Betriebszugehörigkeit auch gratis abgegeben wurden. Zeitweilig waren bis zu 60% der Belegschaft über Belegschaftsaktien beteiligt. Im Durchschnitt kaufte jeder beteiligte Mitarbeiter und jede Mitarbeiterin alljährlich Aktien im Wert von 1.000 DM. Nach seiner Überzeugung konnten die Unternehmen den Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen deutlich mehr zahlen, als der Verteilungsspielraum eigentlich hergab – vorausgesetzt, der zusätzliche Lohn blieb als Eigenkapital in den Betrieben und würde so nicht die Preise erhöhen und die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber dem Ausland schwächen.

Um sein Anliegen bundesweit durchsetzen zu können, trat er 1969 in die SPD ein und lies sich in den Bundestag wählen. Seine Vorstellung war, dass über Tarifverträge und staatliche Subventionen jeder deutsche Arbeitnehmer und jede Arbeitnehmerin binnen zehn Jahren ein Vermögen im Gegenwert eines durchschnittlichen Jahreseinkommens bilden können sollte. Als Parlamentarischer Staatssekretär im Wirtschaftsministerium unter der Regierung Willy Brandt legte er einen Plan vor, der eine Vermögensbildung von sechs Milliarden DM jährlich durch Beteiligung am Produktivvermögen vorsah. Seine Vorstellung einer umfassenden Gesetzgebung für die Mitarbeiterbeteiligung scheiterte jedoch nicht nur an Bundeswirtschaftsminister Karl Schiller, sondern auch am Widerstand der Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften. Im November 1971 trat er schließlich wegen Differenzen mit Wirtschaftsminister Schiller über das Tempo der Umsetzung der Arbeitnehmerbeteiligung zurück.

Philip Rosenthal starb 2001 im Alter von 84 Jahren und liegt im Garten von Schloss Erkersreuth bei Selb in Oberfranken begraben.