Blick ins Ausland – Britische Unternehmen setzen zunehmend auf Mitarbeiterbeteiligung

Dirk Lambach, Dezember 18, 2023

In Großbritannien richten immer mehr Unternehmen Treuhandgesellschaften für Mitarbeiterbeteiligungen ein. Allein im Jahr 2022 wurden fast 500 derartige (Mitarbeiterbeteiligungs-) Stiftungen gegründet, mit denen die Eigentümer die Möglichkeit nutzen, ihren Mitarbeitern Anteile zu übertragen.

Die sogenannten Employee Ownership Trusts (EOTs) wurden 2014 eingeführt, um mehr Mitarbeiter zu Partnern und Miteigentümern der Unternehmen zu machen. Sie ermöglichen es Unternehmenseigentümern, einen Anteil von mindestens 50 Prozent der Unternehmensbeteiligungen steuerbegünstig in einen Trust zu übertragen, dessen Begünstigte die Beschäftigten des Unternehmens sind. Die Eigentümer werden dann schrittweise aus den Unternehmensgewinnen ausgezahlt, wobei das Unternehmen häufig einen Kredit aufnimmt, um den Unternehmern eine erste Vorauszahlung zu leisten.

Nach Angaben der britischen Employee Ownership Association (EOA) sind derartige Treuhandgesellschaften besonders beliebt bei professionellen Dienstleistungsunternehmen, die fast 40 Prozent aller EOTs ausmachen. Aber auch andere Sektoren folgen diesem Beispiel. Laut Francesca Lord, der Leiterin für Kommunikation und Politik der EOA, haben prominente Übergänge wie der von Go Ape (2021), dem HiFi-Händler Richer Sounds (2019) und dem Bio-Gemüseunternehmen Riverford (2018) eine “wirklich große Rolle” für das Wachstum des EOT-Sektors gespielt. Sie fügte hinzu: “Seit Beginn der Pandemie haben viele Unternehmer über die Nachfolge nachgedacht … und den Menschen ist bewusster geworden, dass diese Form der Mitarbeiterbeteiligung eine gute Möglichkeit ist, schwierige Zeiten zu überstehen”. Aber auch ein schwieriges Finanzierungsumfeld für die Unternehmen hat den steuerbegünstigten Verkauf an Mitarbeiter attraktiver gemacht sowie der Personalmangel, der die Eigentümer nach Möglichkeiten suchen lässt, Mitarbeiter an sich zu binden.

Eine am 18. Oktober diesen Jahres im britischen Parlament präsentierte Studie zeigt, dass Unternehmen, die sich im Besitz von Beschäftigten befinden, 8 bis 12 Prozent produktiver und profitabler sind und einen größeren Nutzen für die Mitarbeiter und die Gesellschaft haben als Unternehmen, die nicht im Besitz von Beschäftigten sind. Dieser Produktivitätsvorsprung ist umso bemerkenswerter, da Unternehmen im Besitz von Beschäftigten nicht nur zu einem größeren Wohlbefinden der Mitarbeiter und einer fairen Entlohnung beitragen, sondern auch das Engagement der Unternehmen für CO2-Neutralität erhöhen.

Untersucht wurden in der Studie auch die Gründe für die Einführung eines EOTs. Die drei meistgenannten Gründe waren die Sicherstellung der Unabhängigkeit des Unternehmens, der Schutz und die Förderung des Lebensunterhalts der derzeitigen und zukünftigen Mitarbeiter sowie der Schutz und die Erhaltung der Grundwerte, der Kultur und des Ethos des Unternehmens. Außerdem wurde betrachtet welche Arten von Treuhändern in EOTs zu finden sind. Im Durchschnitt waren dies am häufigsten professionelle Treuhandmanagemer, gefolgt von ausscheidenden Eigentümern und Angestellten.

Die Ergebnisse sind das Resultat einer der ehrgeizigsten und gründlichsten Studien ihrer Art über die Vorteile von Unternehmen im Besitz von Beschäftigten, in dem unabhängigen Forscher ca. 9 Prozent der über 1.650 solcher Unternehmen in Großbritannien befragten und die Ergebnisse mit einer Kontrollgruppe von Unternehmen, die sich nicht im Besitz von Beschäftigten befinden verglichen haben. Der Studienbericht mit dem Titel “Exploring the Potential of the Employee Ownership Business Model” erklärt den Produktivitätsanstieg mit verschiedenen Maßnahmen der. Unternehmen im Besitz von Beschäftigten:

• schütten doppelt so viel an Boni und Dividenden an die Mitarbeiter aus,

• haben in den letzten drei Jahren fünfmal seltener Mitarbeiter entlassen,

• zahlen in der Regel einen um etwa 2.900 £ höheren Mindestlohn und sind mehr als doppelt so häufig für faire Löhne ausgezeichnet worden,

• bieten mehr Unterstützung beim Zugang zu privater Gesundheitsfürsorge und flexiblen Arbeitszeiten, und

• investieren im Durchschnitt 12 Prozent pro Jahr (38.000 £) mehr in die Ausbildung und Qualifizierung am Arbeitsplatz.

Ein zusammenfassender Bericht der Studie ist unter https://employeeownership.co.uk/kp/ verfügbar.