Die Übertragung von Unternehmen an die Belegschaft gewinnt in Großbritannien zunehmend an Bedeutung. Nach Angaben der European Federation of Employee Share Ownership (EFES) ist die Umwandlung in sogenannte Employee Ownership Trusts (EOTs) nach der familieninternen Übergabe mittlerweile die zweithäufigste Form der Unternehmensnachfolge bei kleinen und mittleren Unternehmen. Allein im vergangenen Jahr wurden rund 600 Unternehmen in EOTs überführt, wodurch etwa 50.000 Beschäftigte zu Miteigentümern ihres Unternehmens wurden.
Das EOT-Modell geht zurück auf den Nuttall Review von 2012, der von der damaligen konservativ-liberalen Koalitionsregierung initiiert wurde. Ziel war es, die Hürden für Mitarbeiterbeteiligungen zu analysieren und Lösungsansätze zu entwickeln. Der Bericht benannte als zentrale Hindernisse vor allem mangelnde Informationen bei Beratern, fehlende Finanzierungsmöglichkeiten und eine komplexe rechtliche Ausgangslage.
Als Antwort darauf wurde der Employee Ownership Trust als pragmatische Weiterentwicklung bestehender Modelle vorgeschlagen. Besonders attraktiv ist die Kombination aus einfacher und flexibler Struktur sowie steuerlichen Anreizen. Seit dem Finance Act 2014 sind Unternehmensverkäufe an eine EOT von der Kapitalertrags- und Erbschaftssteuer befreit, sofern dabei die Mehrheit der Anteile (über 50 %) auf den Trust übergeht und alle Mitarbeitenden gleichberechtigt begünstigt werden.
Die Voestalpine-Mitarbeiterbeteiligung feiert ihr 25-jähriges Bestehen. Was im Jahr 2000 als gemeinsames Projekt von Management und Betriebsrat begann, hat sich längst zu einem europaweiten Vorzeigemodell entwickelt. Ziel war es, die Beschäftigten stärker am Erfolg des Unternehmens zu beteiligen und gleichzeitig über die Bündelung ihrer Stimmrechte in einer Stiftung eine stabile Eigentümerstruktur zu schaffen, mit der unter anderem die damals drohende feindliche Übernahme durch den Automobilzulieferkonzern Magna mittels „Squeeze-out“ verhindert wurde.
Heute hält die Voestalpine Mitarbeiterbeteiligung Privatstiftung insgesamt 14,8 % der Stimmrechte der voestalpine AG und ist damit sowohl nach Stimmanteilen als auch nach Aktienwert die größte Mitarbeiterbeteiligung in Österreich. Doch das Modell beschränkt sich längst nicht mehr auf Österreich. Inzwischen sind 93 internationale voestalpine-Gesellschaften in zwölf Ländern in das Beteiligungssystem eingebunden. Die durchschnittliche Beteiligungsquote liegt bei rund 20 Prozent.
Der Erfolg des Beteiligungssystems trug auch wesentlich dazu bei, das Bewusstsein für die Mitarbeiterbeteiligung in Österreich zu stärken und wichtige Impulse für die Gesetzgebung zu liefern. Mit dem Ziel feindliche Übernahmen zu erschweren, um den Unternehmensstandort zu stärken und Arbeitsplätze zu sichern, wurde 2018 die steuerliche Förderung von Mitarbeiterbeteiligungsstiftungen neu strukturiert. Seither ist der Aktienbezug bis 4.500 € jährlich bei Beteiligung von Arbeitnehmern, ehemalige Arbeitnehmer sowie deren (Ehe-)Partnern und Kindern steuerfrei. Bei direkten Beteiligungen durch den Arbeitgeber liegt die steuerfreie Grenze bei 3.000 Euro.
Die emotionale Bindung deutscher Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an ihre Arbeitgeber befindet sich laut dem aktuellen Gallup Engagement Index 2024 auf einem neuen Tiefpunkt. Nur noch 9 % der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fühlen sich stark mit ihrem Unternehmen verbunden. Das ist ein deutlicher Rückgang gegenüber 2022, als dieser Wert noch bei 14 Prozent lag. 78 % machen lediglich Dienst nach Vorschrift, 13 % haben innerlich bereits gekündigt.
Diese wachsende Entfremdung kommt Unternehmen teuer zu stehen. Laut Gallup belaufen sich die jährlichen volkswirtschaftlichen Schäden durch reduzierte Produktivität, höhere Fehlzeiten und geringere Kundenzufriedenheit auf bis zu 134,7 Milliarden Euro. Auch die Wechselbereitschaft nimmt zu. Nur die Hälfte der Beschäftigten gibt an, in einem Jahr sicher noch beim aktuellen Arbeitgeber arbeiten zu wollen. Bei emotional stark gebundenen Mitarbeitenden liegt dieser Wert deutlich höher bei 71 Prozent.
Ein möglicher Ausweg ist die Mitarbeiterbeteiligung. Studien zeigen, dass Angestellte, die finanziell am Unternehmen beteiligt sind, weniger wahrscheinlich das Unternehmen verlassen, ihre Identifikation mit dem Unternehmen, ihr Engagement sowie ihre Performance erhöht sind und sich allgemein positive Folgewirkungen auf die Zufriedenheit zeigen. Christina Beisiegel verwendet für die Beschreibung dieses Effekts den Begriff Psychological Ownership, der auf J.L. Pierce, T. Kostova, K.T. Dirks zurückgeht (https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-658-27186-2). Sie zeigt, dass das mitarbeiterseitige Erleben, (Mit-)Eigentümer der Arbeit gebenden Unternehmens zu sein, einen Beitrag zur organisationsdienlichen Mitarbeiterverhaltens leistet.
Am 7. Februar 2025 ist der ehemalige Vorsitzende des AGP-Vorstands Jörg Knoblauch im Alter von 75 Jahren verstorben. Er hatte dieses Amt 1994 in einer für die AGP sehr schwierigen Zeit übernommen und maßgeblich zur wirtschaftlichen und inhaltlichen Konsolidierung des Verbands beigetragen.
Jörg Knoblauch wurde am 31. August 1949 in Giengen an der Brenz geboren und trat 1976 nach seinem Studium in den väterlichen Schlosserei-Betrieb ein, aus dem unter seiner Leitung ein zeitweise weltweit führender Hersteller von Bohrer-Verpackungen entstand. Später gründete er mit tempus als zweites Standbein ein erfolgreichen Zeitplansystemen und konzentrierte sich schließlich auf das Personalmanagement, wo er mit tempus ABC-Personal eine bis heute angesehene Beratung für mitarbeiterorientierte Personalstrategien aufbaute.
Knoblauch war davon überzeugt, dass Mitarbeiter die wertvollste Ressource eines Unternehmens sind. Seine Philosophie der Mitarbeiterbeteiligung brachte er in einem prägnanten Prinzip zum Ausdruck: Mit-wissen, Mit-denken, Mit-lernen, Mit-verantworten, Mit-genießen und Mit-besitzen. Er veröffentlichte zahlreiche Bücher, war ein gefragter Referent und Mitbegründer des Kongresses christlicher Führungskräfte.
Mit Jörg Knoblauch verlieren wir einen großartigen Unternehmer, Berater, Coach und Redner, der sich auf der Grundlage christlicher Werte für eine partnerschaftliche Führung und einen leistungsstarken Mittelstand eingesetzt hat.
Vor der anstehenden Bundestagswahl wollten wir von den im Bundestag vertretenden Parteien der Mitte wissen, wie sie zu den Themen Vermögensbildung und Mitarbeiterbeteiligung stehen. Angesichts der sehr verkürzten Zeitläufe in diesem Wahlkampf haben sich die Generalsekretäre der Parteien CDU, CSU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP jedoch darauf geeinigt, nur Wahlprüfsteine von einigen wenigen vorab gemeinsam vereinbarten, die gesamte Breite des gesellschaftlichen Spektrums repräsentierenden Verbänden und Organisationen zu beantworten. Wir haben daher die Wahlprogramme der Parteien in Bezug zur Mitarbeiterkapitalbeteiligung eigenständig gesichtet und entsprechende Anknüpfungspunkte herausgearbeitet.
Während in den Wahlprogrammen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen keine Aussagen zu unseren Anliegen zu finden sind, wollen die Freien Demokraten die Mitarbeiterkapitalbeteiligung als Chance für den langfristigen Vermögensaufbau etablieren. Um darüber hinaus die Rahmenbedingungen für Start-ups im internationalen Wettbewerb um gut qualifizierte Fachkräfte zu verbessern, soll die Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen erst bei der Veräußerung einsetzen und der von Unternehmensbeteiligungen entsprechen. Zudem will die FDP eine eigene Anteilsklasse für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen schaffen, um den teuren und administrativ aufwendigen Prozess der Übertragung von GmbH-Anteilen zu vereinfachen.
Unter dem Motto „Neue Impulse für mehr Eigentum im Land“ wollen CDU und CSU mehr Menschen die Möglichkeit verschaffen Eigentum aufzubauen. Das Versprechen der Sozialen Marktwirtschaft „Wohlstand für alle“ wollen sie insbesondere für kleine und mittlere Einkommen auch durch eine bessere Teilhabe am Erfolg der Unternehmen und deren Produktivkapital einlösen. Um die Attraktivität der Mitarbeiterkapitalbeteiligung zu erhöhen, setzen die Unionsparteien vor allem auf klare gesetzliche Rahmenbedingungen, weniger Bürokratie und höhere steuerliche Freibeträge. Darüber hinaus wollen sie sich für eine Harmonisierung der Regelungen in der EU einsetzen und bürokratische Hürden abbauen. Außerdem sollen die Freibeträge bei der Einkommensteuer deutlich erhöht und Beteiligungen grundsätzlich erst bei der Veräußerung besteuert werden.
Um den Vermögensaufbau von Geringverdienern stärker zu unterstützen, planen CDU und CSU die Einführung einer Vermögensbildungsprämie, in der die Arbeitnehmersparzulage und die Wohnungsbauprämie verschmelzen sollen. Der Förderbetrag soll dabei deutlich erhöht und die Einkommensgrenzen vereinheitlicht werden. Außerdem soll ein Freibetrag für Erträge aus vermögenswirksamen Leistungen eingeführt werden, um sie für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer attraktiver zu machen. Um Anreize für langfristiges Sparen zu setzen, soll die Haltefrist auf zehn Jahre verlängert und der Freibetrag für jedes Jahr, für das zusätzlich gespart wird, steigen.
In einem richtungsweisenden Urteil hat der Bundesfinanzhof (BFH) am 20. November 2024 (Az. VI R 21/22) entschieden, dass die unentgeltliche Übertragung von Gesellschaftsanteilen an leitende Mitarbeiter zur Sicherung der Unternehmensnachfolge keinen Arbeitslohn darstellt. Voraussetzung ist, dass die Übertragung nicht in erster Linie durch das Dienstverhältnis veranlasst ist und die Anteile nicht an den Fortbestand des Dienstverhältnisses geknüpft sind. Im vorliegenden Fall übertrugen die Gesellschafter einer GmbH zur Sicherung der Unternehmensnachfolge Anteile an ihren Sohn sowie an mehrere leitende Angestellte. Das Finanzamt sah darin einen geldwerten Vorteil und damit Arbeitslohn. Der BFH bestätigte nun jedoch in seinem Urteil die Entscheidung des Finanzgerichts Sachsen-Anhalt, das keinen Arbeitslohn anerkannt hatte, da die Übertragung der Anteile vorrangig der Regelung der Unternehmensnachfolge gedient habe und nicht als Gegenleistung für die Arbeitsleistung der Arbeitnehmer anzusehen sei. Mit dem Münchener Urteil eröffnen sich nun neue Möglichkeiten der internen Unternehmensnachfolge, da insbesondere die Finanzierung eines Management-Buy-Outs (MBO) durch die bisherige Besteuerungspraxis erschwert wurde. Inwieweit bei der Übertragung von Unternehmensanteilen an eine breitere Mitarbeiterschaft (Employee Buy Out) auf die aktuelle Rechtsprechung Bezug genommen werden kann, bleibt abzuwarten.
Im Mai dieses Jahres haben die AGP und der Deutsche Führungskräfteverband ULA den „Aktionskreis Mitarbeiterbeteiligung“ gegründet, um Expertinnenund Experten aus den Unternehmen, den Sprecherausschüssen der leitenden Angestellten sowie der Wissenschaft und Vergütungsexperten zusammenzubringen und zu beraten, welche Herausforderungen und Möglichkeiten in der Praxis bestehen, um dem Instrument aus Sicht von Unternehmen allerGrößen und deren Mitarbeitenden zum wirklichen Durchbruch zu verhelfen.
Nach der erfolgreichen Auftaktsitzung haben sich die Mitglieder vor dem Hintergrund der bevorstehenden Bundestagswahl dazu entschlossen, konkrete Handlungsempfehlungen für die politischen Entscheidungsträger zu erarbeiten, um damit zum einen in den Parteien für die Mitarbeiterbeteiligung zu werben und zum anderen Anregungen zu formulieren, mit welchen Maßnahmen eine weitere Verbreitung der Mitarbeiterbeteiligung vorangebracht werden könnte. Entstanden sind dabei 12 konkrete Handlungsempfehlungen für eine Vereinfachung und spürbare Stärkung der Vermögensbildung und Teilhabe.
1. Sozialversicherungsfreiheit bei Entgeltumwandlung
Während die Anwendung des Steuerfreibetrags von 2.000 Euro im Wege der Entgeltumwandlung möglich ist, greift die Beitragsfreiheit in diesem Fall nicht. Dies führt zum einen in der betrieblichen Praxis zu zusätzlichem Aufwand und Bürokratie, denn für jede persönliche Entgeltumwandlung muss die individuelle Beitragspflicht überprüft und abgeführt werden. Zum anderen führt dies zu einer Ungleichbehandlung unter den unterschiedlichen Einkommensgruppen, da bei den höheren Einkommensgruppen die Beitragsbemessungsgrenze greift und ihre Entgeltumwandlung beitragsfrei bleibt. Die Sozialversicherungsfreiheit wäre ein wichtiger Beitrag, diese Ungleichbehandlung zu beenden und das Instrument für Arbeitnehmer und Arbeitgeber attraktiver zu gestalten.
2. Nachgelagerte Besteuerung nach § 19a EStG für alle Unternehmen
Die Dry-Income Problematik betriff Startups, Mittelstand und Aktiengesellschaften gleichermaßen. Insbesondere Arbeitnehmer von nicht-börsennotierten Unternehmen sind mit einer verschärften Dry Income-Problematik konfrontiert. Denn anders als bei börsennotierten Unternehmen ist eine kurzfristige Veräußerung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung zur Deckung der anfallenden Steuerbeträge mangels aktiver Märkte häufig nicht möglich.
3. Erhöhung des Freibetrags auf 5.000 Euro
Zum einen würde hierdurch eine weitere Anpassung an europäisches Niveau vollzogen. Zum anderen würde sich größerer Spielraum für die Entgeltumwandlung bieten, die in der Praxis der Mitarbeiterbeteiligung weit verbreitet und etabliert ist.
4. Erhöhung der vermögenswirksamen Leistungen und der Arbeitnehmersparzulage
Die Arbeitnehmer-Sparzulage hat sich im Laufe der Jahrzehnte zu einem Auslaufmodell entwickelt. Als ein Grund dafür zeigt sich in der Praxis der zu hohe bürokratische Aufwand für einen zu geringen Betrag der Arbeitnehmer-Sparzulage von nur 80 Euro pro Jahr. Um die Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand wiederzubeleben, wäre eine Verdreifachung der Arbeitnehmersparzulage auf 240 Euro im Jahr und des Höchstbetrages von 400 Euro auf 1.200 Euro sinnvoll.
5. Berücksichtigung als Anlageform für die Altersvorsorge und Vermögensbildung
Folgende Maßnahmen könnten hier greifen: Steuer- und sozialversicherungsfreier Brutto-für Netto-Übergang von Entgeltumwandlung in Mitarbeiterbeteiligung und von dort in betriebliche Altersversorgung. Berücksichtigung der Mitarbeiterbeteiligung als Anlageform bei der Reform der steuerlich geförderten privaten Altersvorsorge. Schaffung eines steuerfreien Anlagensparkontos, wie es das DAI 2023 vorgeschlagen hat (Bspw. bis zu 5.000 Euro pro Jahr in Aktien, Fonds und MABs anlegen – Erträge, Dividenden, Kursgewinne steuerfrei).
6. Abschaffung der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung für Beteiligungsprogramme mit
Fremdkapitalcharakter
Einige Beteiligungsprogramme sind dahingehend ausgestaltet, dass sich die Mitarbeitenden über Fremdkapitalinstrumente am Unternehmen beteiligen, beispielsweise als stille Gesellschafter oder über Genussrechte. In diesem Fall unterliegen die Vergütungen beim Unternehmen der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 a) oder c) GewStG. Bei einem doppelstöckigen Beteiligungsmodell tritt dieser Effekt sogar zweimal auf, bei der MBM selbst und bei der das Kapital verwendenden Gesellschaft. Dadurch verlieren diese Modelle aus Unternehmenssicht an Attraktivität.
7. Reduzierung der Meldeverpflichtungen für Beteiligungsprogramme
Mitarbeiterbeteiligungsgesellschaften unterliegen einer Vielzahl an Meldepflichten, u.a. Abfrage der Kirchensteuermerkmale (KISTAM-Verfahren), Mitteilungen nach § 45d EstG über in Anspruch genommene Freistellungsaufträg, Meldung über vorzeitige Verfügungen nach dem Vermögensbildungsgesetz (§ 8 VermBDV), Übermittlung der elektronischen Vermögensbildungsbescheinigung, Meldungen nach dem FATCA-Abkommen (USA) und Meldungen nach dem Finanzkonten-Informationsaustauschgesetz (FKAustG). Die Beteiligungsmodelle verlieren durch den entstehenden Verwaltungsaufwand aus Unternehmenssicht an Attraktivität, zudem schmälern sie die Rendite der beteiligten Arbeitnehmer.
8. Einführung stimmrechtsloser GmbH-Anteile bei gleichzeitiger Abschaffung/Vereinfachung der notariellen Beurkundungspflicht
Eine echte Substanzbeteiligung von Mitarbeitern an GmbHs findet in der betrieblichen Praxis keine Anwendung, da damit umfangreiche Mitbestimmungsrechte sowie notarielle Beurkundungsplichten verbunden sind. Mit einer eigenen Anteilsklasse für Mitarbeiter könnte hier ein weiterer Durchführungsweg der Mitarbeiterbeteiligung geschaffen werden, mit dem vor allem auch die Startups die Möglichkeit erhielten die Mitarbeiter an einem Exitereignis zu beteiligen.
9. Steuerbegünstigung von Nachfolgereglungen über ähnliche Konstrukte wie Employee
Ownership Trusts in England
Unternehmenseigentümer können einen Anteil von mindestens 50 Prozent der Unternehmensbeteiligungen steuerbegünstig in einen Trust übertragen, dessen Begünstigte die Beschäftigten des Unternehmens sind. Die Eigentümer werden dann schrittweise aus den Unternehmensgewinnen ausgezahlt (Bsp. Iteratec / ggf. auch andere Konstruktionen förderbar wie bspw. Mitarbeiterbeteiligungsgesellschaften).
10. Pauschalbesteuerung für Sachzuwendung nach § 37b EStG auch für Mitarbeiterbeteiligungen öffnen
Nach § 37b EStG kann ein Arbeitgeber die Einkommenssteuer für Zuwendungen für die Arbeitnehmer bis zu einem Höchstbetrag von 10.000 Euro über einen pauschalen Steuersatz von 30 Prozent übernehmen. Dies gilt zuzüglich der Sozialabgaben, der Kirchensteuer und des Solidaritätszuschlags.
11. Vereinfachung und Entbürokratisierung bei der Begebung von Belegschaftsaktien
Das Deutsche Aktieninstitut hat bereits im Jahr 2014 einen angemessenen, rechtssicheren sowie unbürokratischen Rahmen bei der Beschaffung von Aktien gefordert, die an die Mitarbeiter ausgegeben werden. Neben verschiedenen aktienrechtlichen Unklarheiten ist hierbei insbesondere die steuerliche Gleichstellung der Kapitalerhöhung zur Aktienbeschaffung mit dem Aktienrückkauf von Bedeutung. Im Gegensatz zur Kapitalerhöhung sind die hierfür aufgebrachten Kosten abzugsfähig. Die Kapitalerhöhung stellt für das Unternehmen jedoch einen kostengünstigeren Weg zur Beschaffung von Aktien für Beteiligungsprogramme dar. Aktienbeteiligungsprogramme könnten somit für Unternehmen attraktiver gestaltet werden.
12. Rechtsicherheit bei der Unternehmensbewertungen durch Anpassung an internationale
Standards
Bei der Gewährung von Aktienbeteiligungen in nichtbörsennotierten Unternehmen sowie bei der Übertragung von Unternehmensanteilen im Rahmen einer Nachfolgeregelungen wird das Thema der Bewertung in der Praxis regelmäßig relevant. Die entsprechenden Vorgaben des Bewertungsgesetzes sind allerdings sehr vage, so dass es an klaren praxisorientierten Vorgaben mangelt. Im internationalen Kontext werden in verschiedenen Jurisdiktionen Bewertungsmethoden genutzt, die von deutschen Finanzverwaltungen nicht anerkannt werden.
Zum Positionspapier: Aktionskreis Mitarbeiterkapitalbeteiligung: 12 Punkte für eine Vereinfachung und spürbare Stärkung der Vermögensbildung und Teilhabe
Am 30. November 2024 ist der ehemalige Vorstandsvorsitzender der Drägerwerk AG & Co. KGaA, Dr. Christian Dräger, im Alter von 90 Jahren verstorben. Von 1984 bis 1997 leitete er das von seinem Vater übernommene Familienunternehmen in der vierten Generation. Noch bevor er an die Spitze des väterlichen Unternehmens trat, übernahm er als Vorsitzender des Vorstandes von 1978 – 1982 die Führung der AGP. In dieser Zeit engagierte er sich für die tarifvertragliche Mitarbeiterbeteiligung, öffnete den Zugang zu den Großunternehmen und initiierte die Stiftung „Sozialer Wandel in der unternehmerischen Wirtschaft”, deren erster Präsident er auch war.
Dr. Christian Dräger begegnete bereits im Alter von 14 Jahren zum ersten Mal dem Gedanken, Mitarbeiter am Unternehmenserfolg zu beteiligen. Damals las er in den Lebenserinnerungen seines Urgroßvaters, der 1889 die Drägerwerke gründete und bereits 1900 seine Mitarbeiter am Jahresgewinn beteiligte, genau in dem Jahrzehnt in dem Ernst Abbe in Jena seine berühmten Grundsätze zur Beteiligung der Mitarbeiter am Ertrag der Zeiss-Werke formulierte. In den fünfziger Jahren kam er als Student der Betriebswirtschaft an der Münchener Ludwig-Maximilians-Universität mit Prof. Guido Fischer in Kontakt, der jahrzehntelang nicht nur unter den deutschen Hochschullehrern, sondern für die gesamte Nachkriegsentwicklung der deutschen Wirtschaft so etwas wie ein Bannerträger der Idee der Mitarbeiterbeteiligung war. Fischer brachte den jungen Studenten mit der AGP zusammen, zu deren Gründern er selbst gehörte.
In der eigenen Firma verfolgte er das Ziel, eine Kapitalbeteiligung der Arbeitnehmer einzuführen. Was zunächst bis 1970 als offene Handelsgesellschaft noch schwierig war, sollte 1979 mit dem Börsengang des Unternehmens durch ihn auf den Weg gebracht werden. Bis heute können Angestellte Vorzugsaktien erwerben, die Anspruch auf eine Dividende besitzen, jedoch keine Stimmrechte. Die Drägerwerk AG & Co. KGaA zählt damit zu einen der wenigen mittelständischen Familienunternehmen, die eine solche Mitarbeiterkapitalbeteiligung über Aktien umsetzen.
Wir verlieren mit Christian Dräger eine prägende Persönlichkeit für die Mitarbeiterbeteiligung in Deutschland und einen langjährigen Unterstützer unseres Verbands. Wir werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren.
Mit den Startups setzen die Unternehmen der Zukunft verstärkt auf Mitarbeiterbeteiligung. Eine Umfrage des Digitalverbands Bitkom zeigt: 44 Prozent beteiligen ihre Beschäftigten am Unternehmen. 42 Prozent können sich das für die Zukunft vorstellen. Mehr als die Hälfte der Startups sieht es dabei als moralische und gesellschaftliche Pflicht, die Beschäftigten am eigenen Geschäftserfolg zu beteiligen. In den Startups, die auf Mitarbeiterbeteiligung bislang verzichten, gilt trotz der Anpassungen der rechtlichen Rahmenbedingungen zum Jahresbeginn vor allem der zu hohe Verwaltungsaufwand bei der Übertragung echter Unternehmensanteile als Hindernis (33 Prozent). So werde weiterhin stark mit sogenannten virtuellen Anteilen gearbeitet, um den Anforderungen der Startups gerecht zu werden.
Mit dem „Zukunftsfinanzierungsgesetz“ hatte der Gesetzgeber Anfang des Jahres neue Regelungen zur Mitarbeiterkapitalbeteiligung auf den Weg gebracht. Jetzt hat auch das Bundesfinanzministerium in einem BMF-Schreiben die Anwendungsregeln konkretisiert, womit das letztgültige BMF-Schreiben vom 16. November 2021 ersetzt wird.
Konkretisiert wurden u.a. die Regelungen zur Inanspruchnahme des Steuerfreibetrags von 2.000 EUR jährlich. Dieser setzt voraus, dass die Vermögensbeteiligung allen Arbeitnehmern offensteht, die bei Bekanntgabe des Angebots ein Jahr oder länger ununterbrochen in einem gegenwärtigen Dienstverhältnis zum Arbeitgeber stehen (§ 3 Nr. 39 S. 2 EStG).
Aus Vereinfachungsgründen muss sich ab sofort das Beteiligungsangebot u.a. aber nicht an Arbeitnehmer richten, die:
Sieht das Beteiligungsprogramm darüber hinaus ein Vetorecht des Arbeitgebers vor, bestimmte Arbeitnehmer von einer Teilnahme auszuschließen, steht allein diese Möglichkeit einer Inanspruchnahme des Steuerfreibetrags nicht entgegen. Schließt der Arbeitgeber aber tatsächlich bestimmte Arbeitnehmer aus, ist von diesem Zeitpunkt an (mit Wirkung für die Zukunft) eine Inanspruchnahme des Steuerfreibetrags bei allen teilnehmenden Arbeitnehmern ausgeschlossen.
Bei den Regelungen zur aufgeschobenen Besteuerung geldwerter Vorteile aus Vermögensbeteiligungen nach § 19a EstG bleibt im Gegensatz zu den Regelungen des Paragrafen 3.39 EstG hier die Konzernregelung weiterhin nicht gültig. Vermögenbeteiligungen an anderen Unternehmen desselben Konzerns i. S. d. § 18 AktG gelten damit nicht als Vermögensbeteiligungen an dem Unternehmen des Arbeitgebers (§ 19a Absatz 1 Satz 1 EStG).
Allerdings könnten sich hier noch Änderungen im Jahressteuergesetz 2024 ergeben. Der Regierungsentwurf, den das Bundeskabinett am 05.06.2024 beschlossen hat, sieht vor, dass rückwirkend ab 2024 geldwerte Vorteile aus Vermögensbeteiligungen auch aufgeschoben besteuert werden können, wenn Anteile an verbundenen Unternehmen übertragen werden. Das Jahressteuergesetz 2024 wird im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens in Bundestag und Bundesrat beraten. Mit der Verabschiedung des Gesetzes ist in der zweiten Jahreshälfte 2024 zu rechnen.
Das BMF-Schreiben finden Sie unter https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/BMF_Schreiben/Steuerarten/Lohnsteuer/2024-06-01-lst-behandlung-vermoegensbet.pdf?__blob=publicationFile&v=13