Im Mai dieses Jahres haben die AGP und der Deutsche Führungskräfteverband ULA den „Aktionskreis Mitarbeiterbeteiligung“ gegründet, um Expertinnenund Experten aus den Unternehmen, den Sprecherausschüssen der leitenden Angestellten sowie der Wissenschaft und Vergütungsexperten zusammenzubringen und zu beraten, welche Herausforderungen und Möglichkeiten in der Praxis bestehen, um dem Instrument aus Sicht von Unternehmen allerGrößen und deren Mitarbeitenden zum wirklichen Durchbruch zu verhelfen.

Nach der erfolgreichen Auftaktsitzung haben sich die Mitglieder vor dem Hintergrund der bevorstehenden Bundestagswahl dazu entschlossen, konkrete Handlungsempfehlungen für die politischen Entscheidungsträger zu erarbeiten, um damit zum einen in den Parteien für die Mitarbeiterbeteiligung zu werben und zum anderen Anregungen zu formulieren, mit welchen Maßnahmen eine weitere Verbreitung der Mitarbeiterbeteiligung vorangebracht werden könnte. Entstanden sind dabei 12 konkrete Handlungsempfehlungen für eine Vereinfachung und spürbare Stärkung der Vermögensbildung und Teilhabe.

1. Sozialversicherungsfreiheit bei Entgeltumwandlung

Während die Anwendung des Steuerfreibetrags von 2.000 Euro im Wege der Entgeltumwandlung möglich ist, greift die Beitragsfreiheit in diesem Fall nicht. Dies führt zum einen in der betrieblichen Praxis zu zusätzlichem Aufwand und Bürokratie, denn für jede persönliche Entgeltumwandlung muss die individuelle Beitragspflicht überprüft und abgeführt werden. Zum anderen führt dies zu einer Ungleichbehandlung unter den unterschiedlichen Einkommensgruppen, da bei den höheren Einkommensgruppen die Beitragsbemessungsgrenze greift und ihre Entgeltumwandlung beitragsfrei bleibt. Die Sozialversicherungsfreiheit wäre ein wichtiger Beitrag, diese Ungleichbehandlung zu beenden und das Instrument für Arbeitnehmer und Arbeitgeber attraktiver zu gestalten.

2. Nachgelagerte Besteuerung nach § 19a EStG für alle Unternehmen

Die Dry-Income Problematik betriff Startups, Mittelstand und Aktiengesellschaften gleichermaßen. Insbesondere Arbeitnehmer von nicht-börsennotierten Unternehmen sind mit einer verschärften Dry Income-Problematik konfrontiert. Denn anders als bei börsennotierten Unternehmen ist eine kurzfristige Veräußerung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung zur Deckung der anfallenden Steuerbeträge mangels aktiver Märkte häufig nicht möglich.

3. Erhöhung des Freibetrags auf 5.000 Euro

Zum einen würde hierdurch eine weitere Anpassung an europäisches Niveau vollzogen. Zum anderen würde sich größerer Spielraum für die Entgeltumwandlung bieten, die in der Praxis der Mitarbeiterbeteiligung weit verbreitet und etabliert ist.

4. Erhöhung der vermögenswirksamen Leistungen und der Arbeitnehmersparzulage

Die Arbeitnehmer-Sparzulage hat sich im Laufe der Jahrzehnte zu einem Auslaufmodell entwickelt. Als ein Grund dafür zeigt sich in der Praxis der zu hohe bürokratische Aufwand für einen zu geringen Betrag der Arbeitnehmer-Sparzulage von nur 80 Euro pro Jahr. Um die Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand wiederzubeleben, wäre eine Verdreifachung der Arbeitnehmersparzulage auf 240 Euro im Jahr und des Höchstbetrages von 400 Euro auf 1.200 Euro sinnvoll.

5. Berücksichtigung als Anlageform für die Altersvorsorge und Vermögensbildung

Folgende Maßnahmen könnten hier greifen: Steuer- und sozialversicherungsfreier Brutto-für Netto-Übergang von Entgeltumwandlung in Mitarbeiterbeteiligung und von dort in betriebliche Altersversorgung. Berücksichtigung der Mitarbeiterbeteiligung als Anlageform bei der Reform der steuerlich geförderten privaten Altersvorsorge. Schaffung eines steuerfreien Anlagensparkontos, wie es das DAI 2023 vorgeschlagen hat (Bspw. bis zu 5.000 Euro pro Jahr in Aktien, Fonds und MABs anlegen – Erträge, Dividenden, Kursgewinne steuerfrei).

6. Abschaffung der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung für Beteiligungsprogramme mit
Fremdkapitalcharakter

Einige Beteiligungsprogramme sind dahingehend ausgestaltet, dass sich die Mitarbeitenden über Fremdkapitalinstrumente am Unternehmen beteiligen, beispielsweise als stille Gesellschafter oder über Genussrechte. In diesem Fall unterliegen die Vergütungen beim Unternehmen der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 a) oder c) GewStG. Bei einem doppelstöckigen Beteiligungsmodell tritt dieser Effekt sogar zweimal auf, bei der MBM selbst und bei der das Kapital verwendenden Gesellschaft. Dadurch verlieren diese Modelle aus Unternehmenssicht an Attraktivität.

7. Reduzierung der Meldeverpflichtungen für Beteiligungsprogramme

Mitarbeiterbeteiligungsgesellschaften unterliegen einer Vielzahl an Meldepflichten, u.a. Abfrage der Kirchensteuermerkmale (KISTAM-Verfahren), Mitteilungen nach § 45d EstG über in Anspruch genommene Freistellungsaufträg, Meldung über vorzeitige Verfügungen nach dem Vermögensbildungsgesetz (§ 8 VermBDV), Übermittlung der elektronischen Vermögensbildungsbescheinigung, Meldungen nach dem FATCA-Abkommen (USA) und Meldungen nach dem Finanzkonten-Informationsaustauschgesetz (FKAustG). Die Beteiligungsmodelle verlieren durch den entstehenden Verwaltungsaufwand aus Unternehmenssicht an Attraktivität, zudem schmälern sie die Rendite der beteiligten Arbeitnehmer.

8. Einführung stimmrechtsloser GmbH-Anteile bei gleichzeitiger Abschaffung/Vereinfachung der notariellen Beurkundungspflicht

Eine echte Substanzbeteiligung von Mitarbeitern an GmbHs findet in der betrieblichen Praxis keine Anwendung, da damit umfangreiche Mitbestimmungsrechte sowie notarielle Beurkundungsplichten verbunden sind. Mit einer eigenen Anteilsklasse für Mitarbeiter könnte hier ein weiterer Durchführungsweg der Mitarbeiterbeteiligung geschaffen werden, mit dem vor allem auch die Startups die Möglichkeit erhielten die Mitarbeiter an einem Exitereignis zu beteiligen.

9. Steuerbegünstigung von Nachfolgereglungen über ähnliche Konstrukte wie Employee
Ownership Trusts in England

Unternehmenseigentümer können einen Anteil von mindestens 50 Prozent der Unternehmensbeteiligungen steuerbegünstig in einen Trust übertragen, dessen Begünstigte die Beschäftigten des Unternehmens sind. Die Eigentümer werden dann schrittweise aus den Unternehmensgewinnen ausgezahlt (Bsp. Iteratec / ggf. auch andere Konstruktionen förderbar wie bspw. Mitarbeiterbeteiligungsgesellschaften).

10. Pauschalbesteuerung für Sachzuwendung nach § 37b EStG auch für Mitarbeiterbeteiligungen öffnen

Nach § 37b EStG kann ein Arbeitgeber die Einkommenssteuer für Zuwendungen für die Arbeitnehmer bis zu einem Höchstbetrag von 10.000 Euro über einen pauschalen Steuersatz von 30 Prozent übernehmen. Dies gilt zuzüglich der Sozialabgaben, der Kirchensteuer und des Solidaritätszuschlags.

11. Vereinfachung und Entbürokratisierung bei der Begebung von Belegschaftsaktien

Das Deutsche Aktieninstitut hat bereits im Jahr 2014 einen angemessenen, rechtssicheren sowie unbürokratischen Rahmen bei der Beschaffung von Aktien gefordert, die an die Mitarbeiter ausgegeben werden. Neben verschiedenen aktienrechtlichen Unklarheiten ist hierbei insbesondere die steuerliche Gleichstellung der Kapitalerhöhung zur Aktienbeschaffung mit dem Aktienrückkauf von Bedeutung. Im Gegensatz zur Kapitalerhöhung sind die hierfür aufgebrachten Kosten abzugsfähig. Die Kapitalerhöhung stellt für das Unternehmen jedoch einen kostengünstigeren Weg zur Beschaffung von Aktien für Beteiligungsprogramme dar. Aktienbeteiligungsprogramme könnten somit für Unternehmen attraktiver gestaltet werden.

12. Rechtsicherheit bei der Unternehmensbewertungen durch Anpassung an internationale
Standards

Bei der Gewährung von Aktienbeteiligungen in nichtbörsennotierten Unternehmen sowie bei der Übertragung von Unternehmensanteilen im Rahmen einer Nachfolgeregelungen wird das Thema der Bewertung in der Praxis regelmäßig relevant. Die entsprechenden Vorgaben des Bewertungsgesetzes sind allerdings sehr vage, so dass es an klaren praxisorientierten Vorgaben mangelt. Im internationalen Kontext werden in verschiedenen Jurisdiktionen Bewertungsmethoden genutzt, die von deutschen Finanzverwaltungen nicht anerkannt werden.

Zum Positionspapier: Aktionskreis Mitarbeiterkapitalbeteiligung: 12 Punkte für eine Vereinfachung und spürbare Stärkung der Vermögensbildung und Teilhabe

Am 30. November 2024 ist der ehemalige Vorstandsvorsitzender der Drägerwerk AG & Co. KGaA Dr. Christian Dräger im Alter von 90 Jahren verstorben. Von 1984 bis 1997 leitete er das von seinem Vater übernommene Familienunternehmen in der vierten Generation. Noch bevor er an die Spitze des väterlichen Unternehmens trat, übernahm er als Vorsitzender des Vorstandes von 1978 – 1982 die Führung der AGP. In dieser Zeit engagierte er sich für die tarifvertragliche Mitarbeiterbeteiligung, öffnete den Zugang zu den Großunternehmen, und initiierte die Stiftung „Sozialer Wandel in der unternehmerischen Wirtschaft”, deren erster Präsident er auch war.

Dr. Christian Dräger begegnete bereits im Alter von 14 Jahren zum ersten Mal dem Gedanken, Mitarbeiter am Unternehmenserfolg zu beteiligen. Damals las er in den Lebenserinnerungen seines Urgroßvaters, der 1889 die Drägerwerke gründete und bereits 1900 seine Mitarbeiter am Jahresgewinn beteiligte, genau in dem Jahrzehnt in dem Ernst Abbe in Jena seine berühmten Grundsätze zur Beteiligung der Mitarbeiter am Ertrag der Zeiss-Werke formulierte. In den fünfziger Jahren kam er als Student der Betriebswirtschaft an der Münchener Ludwig-Maximilians-Universität mit Prof. Guido Fischer in Kontakt, der jahrzehntelang nicht nur unter den deutschen Hochschullehrern, sondern für die gesamte Nachkriegsentwicklung der deutschen Wirtschaft so etwas wie ein Bannerträger der Idee der Mitarbeiterbeteiligung war. Fischer brachte den jungen Studenten mit der AGP zusammen, zu deren Gründern er selbst gehörte.

In der eigenen Firma verfolgte er das Ziel, eine Kapitalbeteiligung der Arbeitnehmer einzuführen. Was zunächst bis 1970 als offene Handelsgesellschaft noch schwierig war, sollte 1979 mit dem Börsengang des Unternehmens durch ihn auf den Weg gebracht werden. Bis heute können Angestellte Vorzugsaktien erwerben, die Anspruch auf eine Dividende besitzen, jedoch keine Stimmrechte. Die Drägerwerk AG & Co. KGaA zählt damit zu einen der wenigen mittelständischen Familienunternehmen, die eine solche Mitarbeiterkapitalbeteiligung über Aktien umsetzen.

Wir verlieren mit Christian Dräger eine prägende Persönlichkeit für die Mitarbeiterbeteiligung in Deutschland und einen langjährigen Unterstützer unseres Verbands. Wir werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren.

Mit den Startups setzen die Unternehmen der Zukunft verstärkt auf Mitarbeiterbeteiligung. Eine Umfrage des Digitalverbands Bitkom zeigt: 44 Prozent beteiligen ihre Beschäftigten am Unternehmen. 42 Prozent können sich das für die Zukunft vorstellen. Mehr als die Hälfte der Startups sieht es dabei als moralische und gesellschaftliche Pflicht, die Beschäftigten am eigenen Geschäftserfolg zu beteiligen. In den Startups, die auf Mitarbeiterbeteiligung bislang verzichten, gilt trotz der Anpassungen der rechtlichen Rahmenbedingungen zum Jahresbeginn vor allem der zu hohe Verwaltungsaufwand bei der Übertragung echter Unternehmensanteile als Hindernis (33 Prozent). So werde weiterhin stark mit sogenannten virtuellen Anteilen gearbeitet, um den Anforderungen der Startups gerecht zu werden.


Mit dem „Zukunftsfinanzierungsgesetz“ hatte der Gesetzgeber Anfang des Jahres neue Regelungen zur Mitarbeiterkapitalbeteiligung auf den Weg gebracht. Jetzt hat auch das Bundesfinanzministerium in einem BMF-Schreiben die Anwendungsregeln konkretisiert, womit das letztgültige BMF-Schreiben vom 16. November 2021 ersetzt wird.

Konkretisiert wurden u.a. die Regelungen zur Inanspruchnahme des Steuerfreibetrags von 2.000 EUR jährlich. Dieser setzt voraus, dass die Vermögensbeteiligung allen Arbeitnehmern offensteht, die bei Bekanntgabe des Angebots ein Jahr oder länger ununterbrochen in einem gegenwärtigen Dienstverhältnis zum Arbeitgeber stehen (§ 3 Nr. 39 S. 2 EStG).

Aus Vereinfachungsgründen muss sich ab sofort das Beteiligungsangebot u.a. aber nicht an Arbeitnehmer richten, die:

Sieht das Beteiligungsprogramm darüber hinaus ein Vetorecht des Arbeitgebers vor, bestimmte Arbeitnehmer von einer Teilnahme auszuschließen, steht allein diese Möglichkeit einer Inanspruchnahme des Steuerfreibetrags nicht entgegen. Schließt der Arbeitgeber aber tatsächlich bestimmte Arbeitnehmer aus, ist von diesem Zeitpunkt an (mit Wirkung für die Zukunft) eine Inanspruchnahme des Steuerfreibetrags bei allen teilnehmenden Arbeitnehmern ausgeschlossen.

Bei den Regelungen zur aufgeschobenen Besteuerung geldwerter Vorteile aus Vermögensbeteiligungen nach § 19a EstG bleibt im Gegensatz zu den Regelungen des Paragrafen 3.39 EstG hier die Konzernregelung weiterhin nicht gültig. Vermögenbeteiligungen an anderen Unternehmen desselben Konzerns i. S. d. § 18 AktG gelten damit nicht als Vermögensbeteiligungen an dem Unternehmen des Arbeitgebers (§ 19a Absatz 1 Satz 1 EStG).

Allerdings könnten sich hier noch Änderungen im Jahressteuergesetz 2024 ergeben. Der Regierungsentwurf, den das Bundeskabinett am 05.06.2024 beschlossen hat, sieht vor, dass rückwirkend ab 2024 geldwerte Vorteile aus Vermögensbeteiligungen auch aufgeschoben besteuert werden können, wenn Anteile an verbundenen Unternehmen übertragen werden. Das Jahressteuergesetz 2024 wird im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens in Bundestag und Bundesrat beraten. Mit der Verabschiedung des Gesetzes ist in der zweiten Jahreshälfte 2024 zu rechnen.

Das BMF-Schreiben finden Sie unter https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/BMF_Schreiben/Steuerarten/Lohnsteuer/2024-06-01-lst-behandlung-vermoegensbet.pdf?__blob=publicationFile&v=13

Mitarbeiterkapitalbeteiligung ist ein zentraler Schlüssel für die Teilhabe von Beschäftigten an Wachstum und Wohlstand sowie für die Mitarbeiterbindung und Gewinnung. Der Deutsche Führungskräfteverband ULA und der Bundesverband Mitarbeiterbeteiligung AGP haben sich daher in den letzten Jahren gemeinsam in einer breiten Initiative für eine nachhaltige Stärkung des Instrumentes eingesetzt. Die Politik hat in der Folge schrittweise die Rahmenbedingungen verbessert, wenn auch bis heute noch kein europäisches level-playing-field erreicht ist. 

„Wir beobachten leider, dass der Gesetzgeber sich bewegt hat, aber viele Unternehmen die neuen Spielräume wie den auf 2.000 Euro erhöhten steuerlichen Freibetrag für den Erwerb von Vermögensbeteiligungen der Mitarbeiter an den Unternehmen noch nicht ausschöpfen“, so ULA-Hauptgeschäftsführer Michael Schweizer. „Eine besondere Bedeutung kommt der Information und Aufklärung über die vorhandenen Beteiligungsmöglichkeiten zu. Insbesondere für mittelständische Unternehmen bieten sich hier noch viele Chancen. Ebenso gilt es, sowohl Unternehmen als auch Beschäftigten die neuen Möglichkeiten der Entgeltumwandlung aufzuzeigen und eine valide Datenbasis über die Nutzung und Verbreitung der Mitarbeiterbeteiligung in Deutschland zu schaffen“, erklärt AGP-Geschäftsführer Dirk Lambach. 

Mit dem Aktionskreis wollen beide Verbände Expertinnen und Experten aus den Unternehmen, den Sprecherausschüssen der leitenden Angestellten sowie der Wissenschaft und Vergütungsexperten zusammenbringen, um zu beraten, welche Herausforderungen und Möglichkeiten in der Praxis aktuell bestehen, um dem Instrument auch aus Sicht von „klassischen“ Unternehmen aller Größen und deren Mitarbeitenden zum wirklichen Durchbruch zu verhelfen. Nach der heutigen erfolgreichen Auftaktsitzung will der Kreis noch vor der Sommerpause erneut zusammenkommen, um sich einen Arbeitsplan zu geben.

Seit Anfang dieses Jahres gilt die neue Förderung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung, von der man sich einen weiteren Schub für die Aufmerksamkeit und die Verbreitung von Beteiligungsprogrammen erhofft. Das Mittelstandsmagazin Unternehmeredition hat den neuen Geschäftsführer des Bundesverbands Mitarbeiterbeteiligung Dirk Lambach nach seiner Einschätzung der aktuellen Entwicklungen und Potenziale befragt. Das Interview finden Sie unter www.unternehmeredition.de/mitarbeiterbeteiligung-bietet-chancen-fuer-alle-unternehmen/

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 14.12.2023 – VI R 1/21 entschieden, dass der Gewinn aus der marktüblichen Veräußerung einer Mitarbeiterbeteiligung kein lohnsteuerbarer Vorteil ist, auch wenn der Arbeitnehmer die Beteiligung an seinem Arbeitgeber zuvor verbilligt erworben hat.

Die Münchner Richter präzisieren damit die Rechtsprechung zu Mitarbeiterbeteiligungen, bei der sie schon in einem Urteil aus dem Jahr 2016 klarstellten, dass Erlöse aus entsprechenden Beteiligungsprogrammen nicht als Arbeitslohn zu besteuern sind (IX R 43/15). Gleichwohl blieben vielerorts die Finanzämter bei ihrer restriktiven Linie und behandelten Veräußerungserlöse aus Beteiligungsprogrammen als vollständig steuerpflichtigen Arbeitslohn, auch wenn der Bundesfinanzhof mehrere dieser Urteile wieder kassierte.

Klar gestellt wurde mit dem Urteil nun:

Bleibt zu hoffen, dass die Finanzrichter mit ihrem neuen Urteil zur Mitarbeiterbeteiligung bis in die Amtsstuben vordringen, wie es in der FAZ vom 28. Februar 2024 treffend heißt. Die Rechtsprechung sei bei der Finanzverwaltung nicht so richtig angekommen, wie der Vorsitzende des VI. Senats und Vizepräsident des Bundesfinanzhofs, Meinhard Wittwer, in dem Beitrag zitiert wird.

Seit dem 1. Januar 2024 gilt in Deutschland das Zukunftsfinanzierungsgesetz, womit u.a. die Mitarbeiterbeteiligung für Start- und Scale-ups vereinfacht werden sollte. Zum jetzigen Zeitpunkt lässt sich sicherlich noch schwer beurteilen, ob das Gesetz Wirkung zeigt. Es bestehen jedoch Zweifel, ob es für junge Unternehmen tatsächlich von nun an attraktiver sein wird, ihre Beschäftigten am Kapital bzw. an einem potenziellen Verkaufs- bzw. Exiterlös zu beteiligen. Denn trotz der neuen Regelungen bleibt die gesellschaftsrechtliche Konstruktion von echten Unternehmensbeteiligungen der Beschäftigten, auf die sich das Gesetz ausschließlich bezieht, kompliziert. 

Möchte man innerhalb der verfügbaren deutschen Rechtsformen größeren notariellen Aufwand und die direkte Einflussmöglichkeit der Beschäftigten auf die Unternehmensführung vermeiden, ist die Übertragung von Unternehmens-Anteilen eigentlich nur bei Aktiengesellschaften praktikabel. Da die meisten jungen Unternehmen bisher jedoch als GmbH gegründet werden, hat sich bei den Startups das Konstrukt der virtuellen Beteiligung etabliert. Dabei werden aber keine echten Unternehmens-Anteile übertragen, sondern es handelt sich um erfolgsabhängige Ausschüttungen, die dem Arbeitslohn zuzurechnen sind.

Um hier Abhilfe zu schaffen und den Startups eine echte gesellschaftsrechtliche Beteiligung für ihre Beschäftigten ohne Mitentscheidungsrechte zu ermöglichen, wurden im neuen Gesetz vinkulierte Kommanditanteile mit in den Förderkatalog aufgenommen. In der Rechtsform der GmbH & Co. KG könnten die Beschäftigten so als Kommanditisten an ihrem Arbeitgeber, der GmbH, beteiligt werden. Dies setzt jedoch die Gründung von zwei Gesellschaften voraus, was in der praktischen Handhabung eine durchaus komplexe gesellschafts- und steuerrechtliche Konstruktion darstellt.

In Österreich, wo die Rechtsformen den deutschen sehr ähnlich sind, ist man einen anderen Weg gegangen, um jungen Unternehmen auch mit Blick auf die Mitarbeiterbeteiligung eine international wettbewerbsfähige Option zu bieten. Dort wurde im letzten Jahr mit der Flexiblen Kapitalgesellschaft (FlexKapG) eine neue Rechtsform eingeführt, die grundsätzlich auf dem GmbH-Gesetz aufbaut, im Bereich der Kapitalmaßnahmen aber über zusätzliche Gestaltungsmöglichkeiten verfügt, die bisher Aktiengesellschaften vorbehalten waren. So kann u.a. in der neuen Rechtsform eine besondere Klasse von stimmrechtslosen Anteilen, sogenannten Unternehmenswert-Anteile, ausgeben werden.

Bei diesen Anteilen handelt es sich um eine Sonderform des Stammkapitals, die eine vereinfachte Form der Mitarbeiterbeteiligung ermöglichen sollen. Ähnlich wie bei stimmrechtslosen Vorzugsaktien ist mit den Anteilen der Anspruch auf einen Anteil am Bilanzgewinn verbunden, sie verfügen jedoch über kein Stimmrecht. Im Gesellschaftsvertrag ist vorzusehen, dass die Beteiligten ein Mitverkaufsrecht haben, wenn die Gründungsgesellschafter ihre Anteile bei einem Exit-Event mehrheitlich veräußern. Vereinfacht ist zudem die Übertragung der Anteile insofern, dass eine anwaltliche Urkunde ausreichend und kein Notariatsakt notwendig ist. (Quelle: https://www.wko.at/wirtschaftsrecht/flexible-kapitalgesellschaft

Zum 1. Januar 2024 wurde Dirk Lambach zum Geschäftsführer der AGP bestellt. Heinrich Beyer, der in den letzten achtzehn Jahren die Geschicke des Verbandes geleitet hat, möchte sich auf eigenen Wunsch schrittweise aus der Arbeit für die AGP zurückziehen und wird sich zukünftig in geringerem zeitlichem Umfang den Beratungen und Publikationen sowie der politischen Arbeit widmen. Dieser „Rollentausch“ erfolgt in enger Abstimmung sowie auf einstimmigen Beschluss des gesamten AGP-Vorstands. Alle Beteiligten freuen sich, auch weiterhin für die AGP und ihre Unternehmen und Mitglieder tätig zu sein und die Mitarbeiterbeteiligung in Deutschland weiter voranzubringen.

Ab Januar 2024 treten die neuen Regelungen zur Förderung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung in Kraft. Die Änderungen betreffen den Freibetrag für Vermögensbeteiligungen, die nachgelagerte Besteuerung für kleine- und mittlere Unternehmen (KMU) sowie die Einkommensgrenze für vermögenswirksame Leistungen.

Erhöhter Freibetrag für Vermögensbeteiligungen

Gemäß § 3,39 des Einkommensteuergesetzes wird der Freibetrag für Vermögensbeteiligungen von 1.440 Euro auf 2.000 Euro erhöht. Diese Zuwendungen seitens des Arbeitgebers sind nun bis zu 2.000 Euro pro Jahr und Mitarbeiter sowohl steuer- als auch sozialabgabenfrei. Sollte der Arbeitgeber den Freibetrag nicht vollständig ausschöpfen, haben Mitarbeiter die Möglichkeit, Vermögensbeteiligungen von bis zu 2.000 Euro im Rahmen der Entgeltumwandlung zu erwerben, wobei diese steuerfrei, aber sozialversicherungspflichtig sind. Es gibt weiterhin keine Sperr- oder Haltefristen für Vermögensbeteiligungen.

Nachgelagerte Besteuerung für KMU (§ 19a EStG)

Für kleine- und mittlere Unternehmen (KMU) mit weniger als 1.000 Mitarbeitern und einem Umsatz von maximal 100 Millionen Euro, die höchstens 20 Jahre alt sind, wurde die nachgelagerte Besteuerung eingeführt. Diese Regelung ermöglicht es Arbeitgebern, Vermögensbeteiligungen unentgeltlich oder verbilligt zu übertragen, ohne dass der Vorteil der Besteuerung unterliegt. Die Steuerpflicht tritt erst ein, wenn die Vermögensbeteiligung verkauft wird oder 15 Jahre seit der Übertragung vergangen sind. Die ursprünglich geplante Konzernregelung entfällt, und Mitarbeiter können sich nur am gebenden Unternehmen beteiligen.

Vermögenswirksame Leistungen

Die Einkommensgrenze für die Arbeitnehmersparzulage wurde von 20.000 Euro auf 40.000 Euro zu versteuerndem Einkommen für Ledige und von 40.000 Euro auf 80.000 Euro für Verheiratete angehoben. Diese Maßnahme soll die Attraktivität von vermögenswirksamen Leistungen für eine breitere Gruppe von Arbeitnehmern steigern.