Im Finanzausschuss wurde heute die Erhöhung des Freibetrags für Kapitalbeteiligungen der Mitarbeiter von derzeit 360 auf 1.440 Euro beschlossen. Die Zustimmung des Deutschen Bundestages, der sich im Rahmen des Fondsstandortgesetzes (FoG) morgen mit der Erhöhung abschließend befassen wird, gilt als gesichert.

„Die Erhöhung ist eine echte Verbesserung, die dem Thema einen großen Schub geben wird. Sie steigert die Attraktivität der Beteiligungsprogramme für die Beschäftigten und die Unternehmen gleichermaßen, was die Vermögensbildung der Mitarbeiter und die Kapitalbildung der Unternehmen nachhaltig unterstützt“, sagt Dr. Heinrich Beyer, Geschäftsführer des Bundesverbands Mitarbeiterbeteiligung – AGP. Der Verband setzt sich seit vielen Jahren für bessere Rahmenbedingungen für die Mitarbeiterkapitalbildung ein.

Die Politik hat die Bedeutung des Themas in den letzten Jahren zunehmend erkannt. Schon Ende 2019 hat der Koalitionsausschuss von CDU/CSU und SPD die Anhebung des steuerlichen Freibetrags auf 720 Euro beschlossen. Mit der nun verabschiedeten weiteren Verdoppelung erreicht Deutschland zwar noch immer nicht die in anderen europäischen Ländern üblichen Freibeträge, aber der Abstand ist kleiner geworden.

Der Freibetrag kann für Zuwendungen von Kapitalanteilen durch das Unternehmen an die Mitarbeiter in Anspruch genommen werden und ist dann steuer- und sozialabgabenfrei. Auch wenn der nun deutlich höhere Freibetrag wohl nicht von allen Unternehmen oder auch nicht jedes Jahr voll ausgeschöpft wird, so bleibt der damit verbundene Schub für die Mitarbeiterbeteiligung erhalten. So können die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen selbst den nicht genutzten Freibetrag als eigene Einlage – wenn auch nur steuerfrei – einbringen. Die Sozialversicherungspflicht für die Eigenleistungen der Mitarbeiter bleibt bei der Neuregelung aus Sicht der AGP allerdings ein bedauerliches Defizit.

Deutlich kritisiert der Verband auch, dass ein wirklich neues und wichtiges Förderungsinstrument wie die nachgelagerte Besteuerung für Kapitalbeteiligungen in kleinen und mittelständischen Unternehmen, die steueraufkommensneutral wäre und ebenfalls Teil des FoG ist, durch bürokratische Reglements nahezu nicht praktikabel ist. Zudem gibt es für die Mitarbeiterbeteiligung in Startups nach wie vor wohl keine Lösung.

„So wichtig und richtig die Erhöhung des Freibetrags für die Mitarbeiterkapitalbeteiligung auch ist, es bleiben einige offene Baustellen für die nächste Legislaturperiode“, so AGP-Geschäftsführer Dr. Heinrich Beyer.

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Eine Kurzumfrage des Bundesverband Mitarbeiterbeteiligung – AGP in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Aktieninstituts und der hkp///group zur Mitarbeiterkapitalbeteiligung belegt: Je höher der steuerliche Freibetrag, desto besser sind die Möglichkeiten, den Vermögensaufbau in Mitarbeiterhand zu fördern. Die Verdoppelung des Freibetrags von aktuell 360 Euro auf 720 Euro jährlich, die der Gesetzgeber in den ersten Entwürfen zum Fondsstandortgesetz vorgesehen hat, ist daher ein erster Schritt. Deutlich erfolgsversprechender ist allerdings die im laufenden Gesetzesverfahren diskutierte Vervierfachung auf 1.440 Euro jährlich – so das Fazit der Kurzumfrage.

Ergebnisse der Umfrage

Die Umfrage wurde im März 2021 durchgeführt. Teilgenommen haben rund 50 Unternehmen aller Größen und Branchen, die ihren Mitarbeitern Kapitalbeteiligungen in Form von Belegschaftsaktien, stillen Beteiligungen oder Genussrechten anbieten. Anlass für die Umfrage ist die Erhöhung des steuerlichen Freibetrags in der Mitarbeiterkapitalbeteiligung, die voraussichtlich mit dem Fondsstandortgesetz Mitte des Jahres in Kraft treten wird. Die Befragung zeigt u.a., dass

Handlungsbedarf in der Politik erkannt

Die Ergebnisse zeigen, dass höhere Freibeträge von Unternehmen positiv auf- und wahrgenommen werden. „Höhere Freibeträge werden von den Unternehmen an die Mitarbeiter weitergegeben und bedeuten bei Kapitalbeteiligungen wie Mitarbeiteraktienprogrammen attraktivere Rabatte. Dies steigert die Teilnahmequoten bei diesen Programmen und ist ein wichtiger Beitrag zur Stärkung der Aktienkultur in Deutschland“, erklärt Dr. Norbert Kuhn, Leiter Unternehmensfinanzierung beim Deutschen Aktieninstitut.

Für Dr. Heinrich Beyer, Geschäftsführer des Bundesverbands Mitarbeiterbeteiligung – AGP belegt die Umfrage den generellen Handlungsbedarf: „Auch wenn ein weiter erhöhter Freibetrag von 1.440 € wohl nicht von allen Unternehmen oder auch nicht jedes Jahr voll ausgeschöpft wird, so bleibt der damit verbundene Schub für die Mitarbeiterbeteiligung erhalten. Denn dann können Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen selbst den nicht genutzten Freibetrag als eigene Einlage steuerfrei einbringen.“

Aus Sicht von David Voggeser, Partner und Experte für Mitarbeiterbeteiligung bei der Unternehmensberatung hkp/// group zeigt sich, dass individuelle Freibeträge in der Mitarbeiterbeteiligung wirken und die aktuelle Diskussion ein Beleg für den zunehmenden Erkenntnisgewinn in der Politik ist: „Nach Jahren vielfältigstem Engagements für die Mitarbeiterbeteiligung, sei es mit dem Tag der Teilhabe oder dem Berliner Appell für mehr Vermögensbildung, erleben wir endlich einen Wandel in der Einstellung der politischen Eliten zur Mitarbeiterkapitalbeteiligung. Auch wenn wir bei den diskutierten Freibetragsgrenzen noch weit von internationalen Vergleichswerten entfernt sind, scheint die Politik begriffen zu haben, dass die kapitalbasierte Beteiligung von Mitarbeitern an ihren Arbeitgebern nichts Böses, sondern der Schlüssel für den gezielten Vermögensaufbau in Mitarbeiterhand bei gleichzeitiger Stärkung einer motivierten und stabilen Belegschaft ist.“

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Nach mehr als einem Jahrzehnt des Dornröschenschlafes hat die Bundesregierung die Mitarbeiterbeteiligung wieder auf die politische Agenda gesetzt und am 20. Januar im Rahmen des Fondsstandortgesetzes eine Ausweitung der steuerlichen Förderung beschlossen. So soll der steuerfreie Höchstbetrag für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen auf 720 Euro verdoppelt werden. Zusätzlich ist für junge Unternehmen eine nachgelagerte Besteuerung geplant, wenn sie Kapitalbeteiligungen an ihre Mitarbeiter übertragen. Diese sollen dann erst zum Zeitpunkt der Veräußerung oder bei einem Arbeitgeberwechsel, spätestens aber nach zehn Jahren als geldwerter Vorteil versteuert werden.

Durch die neuen Regelungen soll insbesondere die Startup-Szene in Deutschland einen wichtigen Anschub erhalten, so Finanzminister Olaf Scholz. Wichtig sei ihm, dass die Beschäftigten auch am Erfolg der Unternehmen teilhaben können, heißt es in einer Pressemitteilung des Finanzministeriums. Der Beauftrage für Digitale Wirtschaft & Startups des Bundeswirtschaftsministerium Thomas Jarzombek wird auf dem Twitter-Kanal des BMWi zitiert, dass sich der Einsatz für die Startups gelohnt habe und mit dem vom Kabinett verabschiedeten Gesetz die Weichen für bessere Rahmenbedingungen der Mitarbeiterkapitalbeteiligung gestellt würden.

Besondere Verhältnisse in Startup-Unternehmen

Die beschlossenen Maßnahmen stoßen bei den Startups jedoch auf Kritik. In einer Stellungnahme des Bundesverband Deutsche Startups heißt es: „Der aktuelle Entwurfsstand deckt sich nicht mit den Bedürfnissen der Praxis“. Und auch Bitkom-Präsident Achim Berg bewertet die beschlossene Neuregelung für die Startups als eine Enttäuschung. Seit langem kritisieren beide Verbände die unzureichenden rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen für die Mitarbeiterbeteiligung speziell für die Gruppe der Startups. Für diese jungen Unternehmen sei aber eine attraktive Mitarbeiterkapitalbeteiligung ein entscheidender Standortfaktor im internationalen Wettbewerb um die besten Köpfe.

Der Grund für diese große Diskrepanz bei der Bewertung der beschlossenen Maßnahmen liegt möglicherweise in einem grundlegenden Missverständnis auf beiden Seiten im Hinblick auf die Zielsetzungen und die Praxis der Mitarbeiterbeteiligung. Das klassische Verständnis der Mitarbeiterkapitalbeteiligung in Deutschland basiert seit den sechziger Jahren auf der Vorstellung Ludwig Erhards, durch die Beteiligung der Arbeitnehmer am Produktivkapital der Unternehmen eine Gesellschaft von Teilhabern zu gestalten. Insbesondere mit Blick auf die Vermögenspolitik sollte so der Arbeitnehmerschaft ein Zugang zu Kapitaleinkommen und damit eine Teilhabe an den Wohlstandsgewinnen einer wachsenden Wirtschaft ermöglicht werden.

Abseits dieser gesellschaftspolitischen Idee, die im politischen Bonn und später in Berlin nie wirklich ihren Durchbruch fand, haben bis heute eine ganze Reihe von Unternehmen auch die unternehmerischen Vorteile einer Mitarbeiterbeteiligung erkannt und entsprechende Beteiligungsprogramme aufgelegt. Die Unternehmen wollen damit nicht nur die betriebliche Leistung verbessern oder Eigenkapital bilden, sondern explizit auch den langfristigen Vermögensaufbau der Mitarbeiter fördern.

Das Verständnis der Mitarbeiterbeteiligung von Startups hingegen ist stark durch die Praxis des Silicon Valleys geprägt, hochspezialisierte Spitzenkräfte und Innovationstreiber durch die Überlassung von Unternehmensanteilen für das eigene Unternehmen zu gewinnen und zu motivieren. Diese Mitarbeiter entsprechen in aller Regel nicht dem Bild des klassischen Arbeitnehmers, sondern sind eher als Mitunternehmer anzusehen. Neben den Gründern und Investoren gehen sie mit ihrer Arbeitszeit und ihrem Talent ein unternehmerisches Risiko ein, das durch die Aussicht auf eine mögliche und möglichst hohe Wertsteigerung ihrer Unternehmensanteile belohnt werden soll.

Virtuelle statt „echte“ Beteiligungen

Während die in Deutschland praktizierte Mitarbeiterbeteiligung in unterschiedlichen Rechtsformen und Modellen, wie bspw. Belegschaftsaktien, stille Beteiligungen oder Genussrechten, ihren Ausdruck findet, ist die Art der Mitarbeiterbeteiligung, wie sie in der internationalen Startup-Szene üblich ist, ausschließlich darauf ausgerichtet, „echte“ Unternehmensanteile zu gewähren. Das deutsche Gesellschaftsrecht bietet hier jedoch mit der Aktiengesellschaft und der GmbH keine Rechtsform an, die für die Mitarbeiterkapitalbeteiligung in deutschen Startups praktikabel wäre.

Die Aktiengesellschaft ist für junge Gründer mit einem zu hohen formalen und finanziellen Aufwand verbunden. Die GmbH wiederum, die die meisten Startups als Rechtsform nutzen, macht es praktisch unmöglich, eine größere Anzahl von Mitarbeitern mit Gesellschaftsanteilen zu beteiligen. Die Beurkundungspflicht, die Probleme bei der Wertbestimmung, die eingeschränkte Fungibilität und die Gefahr einer Fragmentierung der Gesellschafterversammlung stehen dem entgegen. Auch die im Mittelstand eingesetzten mezzaninen Beteiligungen kommen für die Startups nicht in Frage, da sie eine Verbindlichkeit des Unternehmens gegenüber den Mitarbeitern darstellen. Zudem handelt es sich dabei nicht um „echte“ Anteile, die die Mitarbeiter an der Wertentwicklung des Unternehmens teilhaben lassen.

Die meisten deutschen Startups greifen daher auf virtuelle Beteiligungen zurück, bei denen die Mitarbeiter keine Unternehmensanteile, sondern einen Anteil am Erlös aus dem Verkauf des Unternehmens oder eines Börsengangs erhalten. Dadurch aber, dass es sich bei virtuellen Beteiligungen nicht um eine Kapitaleinlage der Mitarbeiter handelt, sondern lediglich um eine Erfolgsbeteiligung, greifen die jetzt beschlossenen Regelungen bei dieser Form der Mitarbeiterbeteiligung nicht. Weder die Erhöhung des Freibetrags noch die nachgelagerte Besteuerung sind somit für die Startups praxistauglich.

Hinzu kommt, dass im Gegensatz zum deutschen Ansatz, bei dem die Mitarbeiterbeteiligungen zusätzlich zu einem marktüblichen Gehalt gewährt werden, die Beteiligung bei den Startups viel stärker als eine Kompensation für das hohe Risiko der Beschäftigten und das in vielen Fällen vergleichsweise niedrige Gehalt angesehen wird. Diese Kompensation kann im Erfolgsfall durchaus zu fünf- oder sechsstelligen Ausschüttungen führen, die dann als Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit vollständig versteuert werden müssten. Dies ist im internationalen Vergleich ein weiterer Nachteil, da in vielen anderen Ländern derartige Erträge als Kapitaleinkommen und damit deutlich niedriger versteuert werden.

Regelungen bleiben wirkungslos

Unter dem Strich ist festzuhalten, dass mit dem neuen Gesetz den Startups nicht geholfen ist. Die neuen Regelungen zielen in erster Linie auf die etablierten Formen und das traditionelle Verständnis der Mitarbeiterbeteiligung in Deutschland. Für die Beteiligungsprogramme in den Aktiengesellschaften und im Mittelstand kann das neue Gesetz so durchaus als ein Schritt in die richtige Richtung zu begrüßen sein. Wenn auch ein weitaus höherer Freibetrag vor allem im europäischen Vergleich sicherlich wünschenswert gewesen wäre.

Für die Startups jedoch bleiben die Anhebungen der Freibeträge und die nachgelagerte Besteuerung wirkungslos, solange diese Unternehmen keine gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen in größerem Umfang und auch gezielt an hochqualifizierte Fachkräfte ausgeben können. Der Bundesverband Deutsche Startups fordert daher folgerichtig, dass eine eigene Anteilsklasse im GmbH-Recht geschaffen werden sollte, die spezifisch auf die Bedürfnisse von Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen von Startups zugeschnitten ist, um Mitarbeiter praktikabel als Gesellschafter an einer GmbH beteiligen zu können.

Die Kritik der Startup-Verbände an den beschlossenen Maßnahmen ist daher nachvollziehbar. Vor allem vor dem Hintergrund, dass die Vereinigung von mehr als 700 europäischen Gründern und Investoren „Not Optional“ auch 2020 im Rahmen eines internationalen Vergleichs wieder festgestellt hat, dass für diese Unternehmensgruppe die rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungen in Deutschland besonders ungünstig sind. Unter 24 Ländern belegt Deutschland den 23. Platz. Von dem Ziel, international eine Spitzenposition einzunehmen, wie es Olaf Scholz in der Pressemitteilung zum Fondsstandortgesetz ausgegeben hat, ist das noch weit entfernt.

Eine repräsentative Studie des Beratungs- und Dienstleistungsunternehmens Aon unter den Beschäftigten von Großunternehmen in Deutschland zeigt, dass rund drei Viertel aller Mitarbeiter zugreift, wenn Unternehmensanteile zum Beispiel in Form von Belegschaftsaktien durch den Arbeitgeber angeboten werden. Selbst ein niedriges Einkommen hält Mitarbeiter kaum davon ab, sich am eigenen Unternehmen zu beteiligen: 70,6 Prozent der Mitarbeiter mit einem Bruttoeinkommen bis 2.200 Euro im Monat nutzen solche Angebote des Arbeitgebers.

Die Zahlen zeigen eindrucksvoll das Potential der Mitarbeiterbeteiligung in Deutschland, nicht zuletzt auch in Bezug auf die Vermögensbildung von Geringverdienern. Noch bieten weniger als 2 Prozent der deutschen Unternehmen ihren Mitarbeitern Unternehmensbeteiligungen an. Mit einer gezielten Förderung, wie sie in einem ersten Schritt von der Bundesregierung zur Mitte diesen Jahres beschlossen ist, kann ein Anreiz für Unternehmen geschaffen werden, sich für das Thema zu interessieren und weitere Beteiligungsangebote für Arbeitnehmer zu schaffen. Damit kann ein erheblicher Beitrag zur Vermögensbildung der Arbeitnehmer sowie zur Stärkung der Aktien- und Beteiligungskultur in Deutschland geleistet werden.  

Am 5. Januar 2021 ist der Unternehmer Helmut Claas im Alter von 94 Jahren in Harsewinkel verstorben. Helmut Claas hat aus einem kleinen Landmaschinenhandel in Ostwestfalen einen globalen Player mit mehr als 11.000 Mitarbeitern und weltweiter Präsenz geschaffen. Er galt als Visionär der Landtechnik und erhielt für sein unternehmerisches Werk eine Vielzahl von Auszeichnungen weltweit.

Wir verlieren mit Helmut Claas auch einen Pionier der Mitarbeiterbeteiligung und langjährigen Unterstützer unseres Verbands. Seit 1984 können sich die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen als stille Gesellschafter an der „CMG“ – der CLAAS Mitarbeiterbeteiligungs-Gesellschaft mbH – und damit am Erfolg und am Kapital der Claas-Unternehmen beteiligen. Dies war in den achtziger Jahren in einem Familienunternehmen eine höchst seltene Ausnahme. Heute gibt es bei Claas mehr als 5.400 stille Gesellschafter, die derzeit ca. 50 Mio. € in das Unternehmen investiert haben. Mit einer jährlichen Beteiligungsquote von etwa 75 % der berechtigten Mitarbeiter und einer Verzinsung, die in sehr guten Jahren auch einmal 10 % betragen kann, war und ist die Claas-Mitarbeiterkapitalbeteiligung Best Practice in Deutschland. Die Zahlen zeugen auch eindrucksvoll vom hohen Vertrauen der Mitarbeiter in die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens.

In 2014 erhielt Claas unsere Auszeichnung „AGP-Sterne für Partnerschaftliche Unternehmenskultur“. In seiner Laudatio sagte der damalige 1. Vorsitzender der AGP Walter Ernst: „Die Mitarbeiterbeteiligung hat sich bei CLAAS nicht nur als fester Bestandteil der Unternehmenskultur etabliert, sondern sie erzielt auch einen nennenswerten Effekt für die Vermögensbildung und die Altersvorsorge der Mitarbeiter“.

Wir hatten das Glück, Herrn Claas bei unserem „Treffpunkt“ im Herbst 2019 in Harsewinkel noch einmal treffen zu können. Er und sein Unternehmen bleiben eine erste Referenz dafür, dass gerade Familienunternehmen prädestiniert sind für die Einführung eines Beteiligungsprogramms.

Wir werden Helmut Claas ein ehrendes Andenken bewahren.

Weitere Informationen zum Leben und Werk von Helmut Claas finden Sie hier: https://www.claas-gruppe.com/gruppe/helmut-claas

Nach dem Gesetzentwurf des Bundesfinanzministeriums soll zur Stärkung der Attraktivität der Mitarbeiterkapitalbeteiligung mit Wirkung zum 1. Juli 2021 der steuerfreie Höchstbetrag für Vermögensbeteiligungen von 360 Euro auf 720 Euro p.a. angehoben werden. Zudem soll zukünftig durch eine nachgelagerten Besteuerung die Gewährung von Mitarbeiterkapitalbeteiligungen insbesondere bei Startup-Unternehmen und jungen KMU gezielt gefördert werden. Finanzminister Olaf Scholz hatte die Maßnahmen, die im Rahmen des Fondsstandortgesetzes verabschiedet werden sollen, bereits im Oktober angekündigt. Arbeitgeber sollen so motiviert werden, den Arbeitnehmern Vermögenbeteiligungen zu überlassen, heißt es in dem Entwurf.

Der Bundesverband Mitarbeiterbeteiligung – AGP begrüßt grundsätzlich die vorgeschlagenen Maßnahmen als einen Schritt in die richtige Richtung, mahnt aber an, dass die erwünschten Effekte nur in geringem Maße eintreten könnten. So ist zu erwarten, dass nur wenige Unternehmen den Mitarbeitern die vollen 720 EUR p.A. gewähren können oder wollen. Wichtig sei es daher, an dieser Stelle nicht nur die Zuwendung durch den Arbeitgeber sondern auch mögliche Einlagen, die die Beschäftigten aus ihrem Bruttolohn ergänzend leisten möchten, steuer- und sozialabgabenfrei zu stellen.

Darüber hinaus zeigt sich bei der Sonderregelung der nachgelagerten Besteuerung, dass auf Grund nicht praxistauglicher Detailregelungen der angepeilte Nutzen, durch Mitarbeiterkapitalbeteiligung die Attraktivität von Startups im internationalen Wettbewerb um Fachkräfte zu stärken, zu bezweifeln ist. Zudem drängt sich in diesem Punkt die Frage auf, warum diese Sonderregelung nicht für alle Unternehmen gelten soll, zumal die Versteuerung nur aufgeschoben, nicht aber aufgehoben ist.

Die vollständige Stellungnahme finden Sie hier.

Neben der im Koalitionsvertrag vereinbarten und von der Regierung angekündigten Verdopplung des Freibetrages will Finanzminister Olaf Scholz auch die nachgelagerte Besteuerung auf den Weg bringen. „Die Steuer wird erst dann fällig, wenn eine Beteiligung tatsächlich veräußert wird“, wie Scholz in der FAZ vom 31.10.2020 zitiert wird. Bisher wird die Steuer schon bei Übertragung der Anteile fällig. Die Beschäftigten müssen dann Steuern bezahlen, obwohl ihnen keine liquiden Mittel zugeflossen sind und ihnen nicht mehr Geld zur Verfügung steht, heißt es zur Begründung. Mit der neuen Regelung soll eine Besteuerung dieses sogenannten „trockenen Einkommens vermieden“ werden.

Wie dem „Gesetzentwurf zur Stärkung des Fondsstandorts Deutschland“, der der AGP vorliegt, zu entnehmen ist, soll die nachgelagerte Besteuerung jedoch nur für Startups und für Zuwendungen des Arbeitgebers gelten. Aus Sicht der AGP schränkt dies allerdings das Anliegen der Bundesregierung ein, mit der Mitarbeiterkapitalbeteiligungen zur Vermögensbildung der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen beizutragen. „Wenn die Mitarbeiterbeteiligung als wichtigen Baustein für eine breite Vermögensbildung angesehen wird, dann müsste die nachgelagerte Besteuerung für alle Unternehmen und auch für Einlagen der Mitarbeiter gelten“, so AGP-Geschäftsführer Dr. Heinrich Beyer. Die AGP sieht daher an dieser Stelle Nachbesserungsbedarf an dem Gesetzentwurf, den der Finanzminister laut FAZ zügig in die Ressortabstimmung geben will, sodass dieser noch in diesem Jahr im Bundeskabinett beschlossen wird.

Der Bundesverband Mitarbeiterbeteiligung-AGP und die Vereinigung der deutschen Führungskräfteverbände-ULA haben einen gemeinsamen Aufruf zur Stärkung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung gestartet. In einem Brief an die zuständigen Bundesminister Altmaier, Heil und Scholz sowie die Abgeordneten des Deutschen Bundestages fordern sie neben der Umsetzung der angekündigten Verdopplung des Freibetrages zum 1.1.2021 einen Fahrplan, um zu Beginn der nächsten Legislaturperiode die Steuerfreibeträge auf mindestens 3.600 Euro jährlich zu erhöhen. Beide Verbände sehen in einer stärkeren Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an den Entwicklungen ihrer Unternehmen ein hohes Potential für eine zukunftssichere Altersvorsorge.

Das Anschreiben sowie Stimmen der ULA und der AGP finden Sie in unserer Pressemappe.

Die CDU hat ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Stärkung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung vorgelegt. Mit der programmatischen Schrift, die auf einen Beschluss des Bundesfachausschuss Wirtschaft, Arbeitsplätze und Steuern zurückgeht, wollen die Christdemokraten breiten Bevölkerungskreisen die Teilhabe am Wohlstand ermöglichen und den Vermögensaufbau stärken.

„Die Beteiligung des Arbeitnehmers am Produktivkapital des eigenen Unternehmens, u. a. über Aktien, stille Beteiligungen oder Genussrechte, ist ein originär christlich-soziales Anliegen. Sie entspricht der Idee der Subsidiarität und der eigenverantwortlichen Lebensgestaltung“ heißt es in dem CDU-Papier, das der AGP vorliegt.

Mit Ihrem Positionspapier setzt sich die CDU so deutlich wie lange nicht für die Mitarbeiterbeteiligung ein und beschreibt erstmals konkrete Vorschläge, wie sie die Voraussetzungen für die Gewinn- und Kapitalbeteiligung der Arbeitnehmer verbessern will. Im Einzelnen sieht die CDU folgende Maßnahmen vor:

Vor siebzig Jahren wurde die Arbeitsgemeinschaft zur Förderung der Partnerschaft in der Wirtschaft (AGP e.V.) in Altenberg/Rheinland gegründet. Den Initiatoren um den Textilfabrikanten Gert P. Spindler ging es im Wesentlichen darum, durch eine partnerschaftliche Zusammenarbeit in den Betrieben eine Annäherung von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerinteressen zu erreichen und damit die traditionelle Konfrontation zwischen Arbeit und Kapital zu überwinden. In ihrer Gründungssatzung beschreibt die AGP ihr Verständnis der betrieblichen Partnerschaft als „jede durch eine Vereinbarung zwischen Unternehmensleitung und Mitarbeiter festgelegte Form der Zusammenarbeit, die außer einer ständigen Pflege der zwischenmenschlichen Beziehung eine Mitwirkung und Mitverantwortung sowie eine materielle Beteiligung am Betriebserfolg zum Inhalt hat“.

Was damals auf viel Argwohn stieß und teils bis heute noch immer kontrovers in Deutschland diskutiert wird, ist für die amerikanisch geprägten Startups seit langem ein Selbstverständnis. Dort hat das Silicon Valley es zu einem globalen Standard gesetzt, dass Mitarbeiter, die ihre Arbeitszeit und ihr „Talent“ in das Unternehmen investieren, genauso wie die Gründer am Erfolg beteiligt werden. Ein Trend, den die amerikanischen Ökonomen Douglas Kruse, Richard B. Freeman und Joseph R. Blasi als „shared capitalism“ bezeichnen und der das Verhältnis zwischen Kapital und Arbeit in den USA in den letzten Jahrzehnten entscheidend weiterentwickelt hat.

Auch in Deutschland wird die Mitarbeiterbeteiligung insbesondere für junge Unternehmen immer mehr zu einem drängenden Thema. Sie sehen sich im internationalen Wettbewerb bei der Gewinnung von qualifizierten (IT-)Fachkräften im Hintertreffen und fordern daher vehement bessere Rahmenbedingungen, um Mitarbeiter auch in Deutschland am potentiellen Erfolg des Unternehmens stärker beteiligen zu können. Für den Präsidenten des Bundesverbands Deutsche Startups, Christian Miele, stellt die Mitarbeiterbeteiligung einen zentralen Schritt dar, um Deutschland als Startup-Nation wettbewerbsfähig zu machen.

Mit den Forderungen der Startups, Deutschland für junge Unternehmen attraktiver zu machen, bekommt nun auch die Diskussion um die Mitarbeiterbeteiligung hierzulande neuen Wind. Sie verweisen auf eine Entwicklung, die für die zukünftige Arbeitswelt von genereller Bedeutung sein dürfte: Die zunehmende Aufweichung der Trennung zwischen Beschäftigung und Unternehmertum. Junge Mitarbeiter sehen sich schon heute immer weniger nur als Beschäftigte. Wie Unternehmer investieren sie vielmehr ihre Arbeitszeit und ihr „Talent“ in den unternehmerischen Erfolg und wollen entsprechend daran beteiligt werden.

Siebzig Jahre nach Gründung der AGP zeigt sich damit die Aktualität des Partnerschaftsgedankens in der Wirtschaft. Arbeitnehmer und Arbeitgeberinteressen decken sich zunehmend in dem gemeinsamen Ziel eines erfolgreichen „Unternehmens“. Mitwirkung, Mitverantwortung und Beteiligung am Erfolg sind dabei damals wie heute tragende Säulen der betrieblichen Partnerschaft und wichtige Voraussetzung für den wirtschaftlichen Erfolg der Unternehmen.