2024

Wie Mitarbeiterbeteiligung zur Erreichung von Nachhaltigkeitszielen beitragen kann

Mit der Einführung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) durch die Europäische Union wird Nachhaltigkeit zunehmend zum verpflichtenden Bestandteil der Unternehmensberichterstattung. Gemäß dieser EU-weiten Richtlinie, die ab 2024 schrittweise in Kraft tritt, müssen Unternehmen umfassend über ihre Umwelt-, Sozial- und Governance-Massnahmen (ESG-Kriterien) berichten. Dabei hängt der Erfolg einer nachhaltigen Unternehmensstrategie maßgeblich von der Integration und Motivation der Mitarbeitenden ab. Die Mitarbeiterbeteiligung kann hier ein entscheidender Hebel sein, indem sie zum einen eine direkte Verbindung zwischen Belegschaft und Unternehmensstrategie schafft und zum anderen gleichzeitig soziale und ökologische Nachhaltigkeitsziele unterstützt.

Mit der Einführung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) wird Nachhaltigkeit von einer freiwilligen Aufgabe zu einem verpflichtenden Element unternehmerischen Handelns. Die neue EU-weite Richtlinie wurde entwickelt, um sicherzustellen, dass Unternehmen detailliert über ihre Umwelt-, Sozial- und Governance-Leistungen (ESG-Kriterien) berichten und so Transparenz und Verantwortung in der Geschäftswelt hergestellt wird. Ab 2024 gilt die CSRD schrittweise für Unternehmen in der EU und erweitert die bisherigen Berichtspflichten, wie sie in der Non-Financial Reporting Directive (NFRD) festgelegt waren. Ziel der neuen Richtlinie ist es, nachhaltige Investitionen zu fördern, das Vertrauen der Stakeholder zu stärken und den Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft in der EU zu beschleunigen.

Die CSRD stellt damit neue Anforderungen an die Unternehmen, die sowohl den Umfang als auch die Tiefe der Berichterstattung betreff en. Künftig müssen diese nicht nur ihre finanzielle Performance, sondern auch ihre sozialen und ökologischen Auswirkungen offenlegen. Dazu gehören Angaben zu Klimaschutzmaßnahmen, Ressourceneffizienz, Arbeitnehmerrechten, Chancengleichheit und Governance Strukturen. Besondere Bedeutung hat dabei das Prinzip der doppelten Materialität: Unternehmen müssen sowohl darlegen, wie sich ihre Geschäftstätigkeit auf Umwelt und Gesellschaft auswirkt (Inside-Out-Perspektive), als auch, wie ökologische und soziale Risiken das Unternehmen beeinflussen können (Outside-In-Perspektive).

Die CSRD verlangt zudem eine einheitliche Berichterstattung auf Basis der European Sustainability Reporting Standards (ESRS). Diese Standards definieren klare Leitlinien und Kennzahlen für die Erfassung von ESG-Daten und ermöglichen so eine vergleichbare und überprüfbare Nachhaltigkeitsberichterstattung. Die Anforderungen betreffen nicht nur Großunternehmen, sondern auch viele kleine und mittelständische Unternehmen (KMUs), die in Lieferketten eingebunden sind. Unternehmen müssen nun umfangreiche Prozesse implementieren, um ESG Daten zu erheben, zu analysieren und in ihre Geschäftsstrategien zu integrieren.

Wirkung der Mitarbeiterbeteiligung auf die Corporate Sustainability Performance

Mitarbeiterbeteiligung ist nicht nur ein Instrument zur Steigerung der Motivation und Bindung der Belegschaft, sondern kann auch zur Erreichung von Nachhaltigkeitszielen beitragen. Das zeigt die 2023 veröffentlichte Studie “Employee Financial Participation and Corporate Social and Environmental Performance” von Braam et al. Die Autoren untersuchen den Einfluss verschiedener Beteiligungsmodelle – wie Aktienoptionen, Gewinnbeteiligung und Kapitalbeteiligung – auf die soziale und ökologische Leistung von Unternehmen. Dabei wird besonders deutlich, dass breit angelegte Kapitalbeteiligungspläne, die allen Mitarbeitenden zugänglich sind, signifikant zur Verbesserung der Corporate Sustainability Performance (CSP) beitragen.

Zunächst fördern sie die Stakeholder-Orientierung, da Mitarbeitende sich stärker mit den langfristigen Zielen des Unternehmens identifizieren. Dieses Engagement erstreckt sich nicht nur auf wirtschaftliche, sondern auch auf soziale und ökologische Ziele. Zweitens wird das Konzept des psychologischen Eigentums gestärkt: Mitarbeitende, die finanziell beteiligt sind, entwickeln ein Gefühl von Verantwortung und Identifikation mit dem Unternehmen. Drittens schaffen solche Modelle eine stärkere Verbindung zwischen internen und externen Stakeholdern, da sie die Wahrnehmung der Mitarbeitenden für die gesellschaftliche Rolle ihres Unternehmens erweitern.

Demgegenüber weisen reine Gewinnbeteiligungspläne, die nicht mit einer Kapitalbeteiligung kombiniert sind, in der Regel eine geringere CSP auf. Diese Pläne fördern zwar kurzfristige Leistung, bieten jedoch keine Anreize für langfristige Investitionen in soziale oder ökologische Nachhaltigkeit.

Des Weiteren wird von den Autoren dargelegt, dass soziale und ökologische Investitionen zwar häufig als Kosten wahrgenommen werden, jedoch langfristig signifikante Synergien generieren können. Unternehmen mit hoher CSP profitieren von einer verbesserten Reputation, stärkeren Beziehungen zu externen Stakeholdern sowie einer höheren Loyalität der Belegschaft. Dies bestätigt die Theorie der Legitimität und Unternehmensreputation, wonach soziale und ökologische Investitionen die Glaubwürdigkeit und Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens stärken.

Praxisbeispiele erfolgreicher Integration von eMitarbeiterbeteiligung und Nachhaltigkeit

Bei dem Büromöbelhersteller Sedus basiert das Nachhaltigkeitsverständnis auf den drei Säulen Soziales, Ökologie und Ökonomie. Dabei setzt das Unternehmen bereits seit den 1950er-Jahren u.a. auf die Mitarbeiterbeteiligung. Ergänzt wird dieses Modell durch eine Vielzahl von Maßnahmen im Bereich der sozialen Nachhaltigkeit. Dazu zählen ergonomische Arbeitsplätze, Gesundheitsprogramme, Sportangebote und eine betriebliche Verpflegung mit regionalen und nachhaltigen Produkten. Darüber hinaus fördert Sedus seine soziale Verantwortung durch zwei Stiftungen, die zum einen Wissenschaft und Umweltschutz sowie zum anderen Projekte für benachteiligte Kinder unterstützt. Diese Kombination aus finanzieller Beteiligung der Beschäftigten, sozialem Engagement und ökologischer Verantwortung zeigt, wie eine ganzheitliche Nachhaltigkeitsstrategie aussehen kann, die nicht nur die Anforderungen der CSRD-Richtlinien erfüllt, sondern Sedus auch als attraktiver Arbeitgeber und gesellschaftlich verantwortliches Unternehmen positioniert.

Auch der Snackhersteller Seeberger verknüpft seine sozialen Nachhaltigkeitsziele mit einer Mitarbeiterbeteiligung. Seit 1984 profitieren die Mitarbeitenden von einem Gewinnbeteiligungsmodell, das durch kapitalbasierte Programme zur Vermögensbildung ergänzt wurde. Gleichzeitig setzt Seeberger auf eine stärkere Einbindung der Belegschaft in die Unternehmensgestaltung und eine verbindende Unternehmenskultur, was unter anderem mit dem Projekt wie „Ein Seeberger” gezielt gefördert wird. Damit erfüllt das Unternehmen auch Anforderungen der CSRD hinsichtlich Transparenz und Mitbestimmung. Grundsätzlich bedeutet nachhaltiges Handeln für Seeberger, dass sie ihre Handlungs- und Arbeitsumfelder so gestalten, dass auch zukünftige Generationen auskömmlich leben und arbeiten können. Dazu hat Seeberger neben der Mitarbeiterbeteiligung weitere konkrete Maßnahmen in die Wege geleitet und umgesetzt wie z.B. die Erstellung von Klimabilanzen zur Ableitung konkreter CO₂-Einsparungen sowie Nachhaltigkeitsleitlinien für Lieferanten.

Ein besonders innovatives Beispiel liefert EJOT, das bis 2035 klimaneutral werden möchte. Im Rahmen des Programms „wejot” können Mitarbeitende Teile ihres Gehalts investieren, die vom Unternehmen aufgestockt werden, wenn CO₂-Reduktionsziele erreicht werden. Diese Mittel fließen in interne Nachhaltigkeitsprojekte, die den ökologischen Fußabdruck des Unternehmens verringern. Darüber hinaus hat EJOT einen Ideenwettbewerb ins Leben gerufen, bei dem Mitarbeitende Vorschläge zur CO₂-Reduktion einbringen können. Bereits über 800 Ideen wurden gesammelt und teilweise umgesetzt. Diese Maßnahmen fördern nicht nur das Engagement der Mitarbeitenden, sondern machen Klimaschutz zu einem integralen Bestandteil der Unternehmenskultur. Das Befestigungstechnikunternehmen verbindet so auf innovative Weise ökologische Nachhaltigkeit, wirtschaftliche Leistung und soziale Verantwortung und zeigt, wie Unternehmen die Motivation ihrer Belegschaft nutzen können, um ökologische Ziele zu erreichen.

Fazit: Mitarbeiterbeteiligung als Schlüssel zur Nachhaltigkeit

Mitarbeiterbeteiligung ist mehr als nur ein Mittel zur Mitarbeitermotivation und -bindung. Sie kann als ein strategisches Instrument genutzt werden, um soziale und ökologische Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Kapital- und Gewinnbeteiligungsmodelle fördern als soziale Dimension der Nachhaltigkeit Chancengleichheit, finanzielle Sicherheit und Arbeitszufriedenheit der Beschäftigten. Zugleich fördern sie auch die Governance, indem sie Transparenz und Mitbestimmung stärken. Breit angelegte Kapitalbeteiligungsmodelle ermöglichen es hierbei den Mitarbeitenden, aktiv an der Unternehmensgestaltung teilzunehmen, was die Governance-Strukturen verbessert und das Vertrauen der Stakeholder erhöht. Zu guter Letzt kann die Mitarbeiterbeteiligung auch eine Brücke zwischen sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit schlagen, indem finanzielle Anreize genutzt werden, um die Motivation der Mitarbeitenden für Klimaschutz und Ressourcenschonung zu steigern.

Unternehmen, die auf breit angelegte und klar definierten Nachhaltigkeitszielen verknüpfte Beteiligungsmodelle setzen, können somit nicht nur ihre ESG-Ziele (Umwelt, Soziales, Governance) erreichen und den Anforderungen der neuen Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) gerecht werden, sondern auch langfristige Wettbewerbsvorteile sichern. Denn sie profitieren von einer besseren Reputation, stärkeren Beziehungen zu Stakeholdern und einer höheren Loyalität der Belegschaft. Diese Vorteile führen zu einer stabileren wirtschaftlichen Performance und einem besseren Zugang zu Finanzierungen, da Investoren zunehmend Wert auf Nachhaltigkeit legen. Durch die Kombination finanzieller Anreize mit sozialen und ökologischen Maßnahmen schaffen sie zudem eine nachhaltige und resiliente Zukunft – für ihre Mitarbeitenden, ihre Stakeholder und die Gesellschaft.

Für die freiwillige ESG-Berichterstattung dienten bisher unterschiedliche Standards wie die Global Reporting Initiative (GRI), der Deutsche Nachhaltigkeitskodex oder der UN Global Compact als Richtlinie. Die GRI-Standards wurden dabei weltweit am häufigsten genutzt. Sie bieten Unternehmen weltweit sowohl einen zuverlässigen Rahmen als auch Orientierungshilfe für das Reporting über ihre nachhaltigkeitsbezogenen Auswirkungen. Unter dem Standard GRI 401-2 werden Angaben zu betrieblichen Leistungen gemacht, die vollzeitbeschäftigten Angestellten standardmäßig angeboten werden. Dazu gehören u.a. Lebensversicherung, Altersversorgung, Aktienbeteiligung und sonstige.

Mit der CSRD läutet die EU einen Paradigmenwechsel in der ESG-Berichterstattung ein: Um mehr Transparenz und Vergleichbarkeit unter den großen und mittelständischen Unternehmen zu schaffen, werden betroffene Unternehmen erstmals dazu verpflichtet, mit den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) umfassende Informationen zu Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekten innerhalb des Lageberichts offenzulegen. Genau wie die Finanzkennzahlen unterliegen diese Angaben auch der Prüfungspflicht im Zuge der Jahresabschlussprüfung.

Die Standards sind in vier Gruppen unterteilt: Allgemein, Umwelt, Soziales und Governance. Unter den sozialen Standards werden mit dem ESRS S1 Themen abgefragt, die die eigenen Mitarbeiter betreffen. Die Hauptthemen des Standards sind Arbeitsbedingungen, grundlegende Arbeitnehmerrechte und Gleichberechtigung. Ziel des Standards ist es, die Arbeitsbedingungen und deren Auswirkungen auf das Unternehmen und die Mitarbeiter zu bewerten. Dazu gehört auch die Darstellung der Einbindung von Mitarbeitern und Arbeitnehmervertretern in Unternehmensentscheidungen sowie die Beschreibung von Ansätzen und Maßnahmen zur Bewältigung wesentlicher negativer und positiver Auswirkungen sowie zur Minderung wesentlicher Risiken und Nutzung wesentlicher Chancen.

               

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