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10. Dezember 2025
3 Minuten

Der Bundesverband Mitarbeiterbeteiligung AGP e.V. und die Loni und Josef Grünbeck-Stiftung haben am 19. November 2025 den renommierten Josef-Grünbeck-Preis verliehen. Die Auszeichnung würdigt herausragende Forschung im Bereich Mitarbeiterbeteiligung und soziale Partnerschaft. Preisträger ist Tej Gonza, Assistenzprofessor an der Fakultät für Sozialwissenschaften der Universität Ljubljana. Seine Dissertation mit dem Titel „Comparative Analysis of Organizational Structures of Employee Centered Enterprises“ gilt als Meilenstein für die Gestaltung demokratischer und nachhaltiger Unternehmensmodelle.
In seiner Dissertation untersucht Tej Gonza die Überlebens- und Wachstumsfähigkeit von mitarbeiterzentrierten Unternehmen (Employee-Centred Enterprises, ECEs) und stellt damit die weitverbreitete Annahme infrage, dass langfristiger Erfolg ausschließlich kapitalistischen Firmen vorbehalten sei. Seine zentrale These lautet, dass nicht die Rechtsform, sondern die Organisationsstruktur eines Unternehmens über dessen Marktviabilität entscheidet. Insbesondere die Ausgestaltung von Kapitalansprüchen, Entscheidungsprozessen sowie Informations- und Bildungsstrukturen sei hierfür ausschlaggebend.
Anhand einer umfassenden theoretischen und empirischen Analyse von vier historischen und aktuellen Modellen – den jugoslawischen Selbstverwaltungsbetrieben, den US-amerikanischen Plywood Cooperatives, ESOP-Unternehmen und den Mondragón-Kooperativen – zeigt Gonza, warum manche Mitarbeiterunternehmen scheitern, während andere über Jahrzehnte erfolgreich bleiben. Laut Gonza ist das Zusammenspiel von Kapitalstruktur, Governance und organisatorischer Flexibilität entscheidend, sodass mit der richtigen Architektur auch ECEs effizient wirtschaften, partizipativ geführt werden und dauerhaft bestehen können.
Die Untersuchung widerlegt somit den oft behaupteten Zielkonflikt zwischen wirtschaftlicher Effizienz und demokratischer Teilhabe. Gonzas Ergebnisse zeigen, dass nachhaltige, demokratisch organisierte Betriebe nicht nur möglich, sondern praktisch realisierbar sind. Seine Arbeit fließt in aktuelle Gesetzgebungsprozesse und Unternehmensumwandlungen ein und liefert einen wissenschaftlich fundierten Bauplan für zukunftsfähige Beteiligungsmodelle.
Zu Beginn der Veranstaltung stellte Dr. Günter Stoll, Vorstand der Grünbeck AG und der Loni und Josef Grünbeck-Stiftung, das einzigartige Mitarbeiter-Beteiligungsmodell des Unternehmens vor. Dieses Modell der sozialen Partnerschaft gilt seit Jahrzehnten als Vorbild und ist in seiner Konstellation einmalig in Deutschland. Dr. Stoll erläuterte zudem die Rolle der Loni und Josef Grünbeck-Stiftung, die als Ankergesellschaft der Grünbeck AG fungiert und damit die langfristige Stabilität und Unabhängigkeit des Unternehmens sichert. Die Stiftung steht für die Werte, die Josef Grünbeck bereits vor über einem halben Jahrhundert begründet hat: Vertrauen, Beteiligung und nachhaltige Unternehmensführung.
Prof. Dr. Thomas Steger, stellvertretender Vorsitzender der AGP und Mitglied der Jury, betonte in seiner Laudatio: „Tej Gonza analysiert in seiner Arbeit akribisch und kompetent historische und aktuelle Modelle zur Übertragung von Unternehmenseigentum in die Hände der Mitarbeiter – und gibt damit auch wichtige Impulse für die aktuelle Diskussion rund um die Nachfolgeproblematik im deutschen Mittelstand. Die Dissertation überzeugte die Jury durch ihre hohe Aktualität, wissenschaftliche Tiefe und ihren engen Bezug zu den Grundgedanken Josef Grünbecks – der Förderung von Mitarbeiterbeteiligung und sozialer Partnerschaft.“
Claudia Henke, Co-Vorstand der Platform Coops eG und Mitgründerin des Instituts für Unternehmensdemokratie, nahm den Preis stellvertretend für Tej Gonza entgegen und unterstrich die Bedeutung der Auszeichnung: „Dieser Preis ist außerordentlich wichtig, um Beteiligungsmodelle für Mitarbeitende sichtbar und damit auch für andere Unternehmen verfügbar zu machen. Die Grünbeck AG ist ein Pionier in der Entwicklung und Umsetzung der finanziellen Beteiligung ihrer Belegschaft und damit ein echter Kenner der Thematik. Wir bedanken uns ganz herzlich für die Auszeichnung, den Austausch und die Einblicke in die fast 60-jährige Erfahrung der Grünbeck AG auf diesem Gebiet.“
Der Preis ist die einzige spezialisierte Auszeichnung für Forschung zur Mitarbeiterbeteiligung in Deutschland. Benannt nach Josef Grünbeck, der bereits 1968 ein innovatives Modell der sozialen Partnerschaft in seinem Unternehmen einführte, wird er jährlich vom AGP e.V. in Kooperation mit der Loni und Josef Grünbeck-Stiftung vergeben. Die Jury schlägt Kandidaten vor, der AGP-Vorstand wählt in Abstimmung mit der Stiftung den Preisträger aus. Der Preis ist mit 1.000 Euro dotiert und soll Forschung sichtbar machen, die Impulse für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gibt.