Nachfolgeregelung
11. Dezember 2024
3 Minuten
Die Nachfolgeregelung in mittelständischen Unternehmen ist eine der zentralen Herausforderungen unserer Zeit. Besonders eigentümergeführte Betriebe stehen vor der Frage, wie sie den Fortbestand ihres Unternehmens sichern können, wenn sich die Gründer oder die aktuelle Geschäftsführung aus der operativen Leitung zurückziehen. Das Thema ist durchaus von wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Bedeutung, da bei mangelnder Nachfrage bzw. geeigneter Nachfolgekandidaten die Stilllegung oder ein Verkauf ins Ausland drohen. Laut einer Studie des Instituts für Mittelstandsforschung Bonn steht in den nächsten Jahren in rund 190.000 Unternehmen in Deutschland eine Nachfolgeregelung an. Oftmals betrifft dies eigentümergeführte Unternehmen, bei denen die Gründer altersbedingt oder aus anderen Gründen ihre Verantwortung abgeben wollen oder müssen.

Traditionell wird die Nachfolge durch eine familieninterne Übergabe, den Verkauf an externe Investoren oder ein Management-Buy-Out geregelt. Jede dieser Optionen hat ihre Vor- und Nachteile. Die familieninterne Übergabe setzt voraus, dass es geeignete Nachfolger in der Familie gibt, die bereit und in der Lage sind, die Verantwortung zu übernehmen. Laut einer Umfrage vom ifo Institut und der Stiftung Familienunternehmen haben 42 % der befragten Familienunternehmer allerdings noch keinen Nachfolger aus der Familie. Der Verkauf an externe Investoren kann zu Konflikten zwischen den neuen Eigentümern und der bestehenden Belegschaft führen, da diese oft unterschiedliche Interessen verfolgen. Das MBO bietet zwar eine interne Lösung, ist aber häufig mit hohen finanziellen Belastungen für die übernehmenden Führungskräfte verbunden.
Um den Fortbestand des Unternehmens zu sichern und die Firmenkultur zu erhalten, haben sich die Gründer der viadee Unternehmensberatung AG aus Münster mit ihren 200 Mitarbeitenden vor fünf Jahren für einen anderen Weg entschieden. Sie transformierten die vormalige GmbH in eine nicht börsennotierte Aktiengesellschaft, an der sich ausschließlich die Mitarbeitenden beteiligen können. Alle fest Angestellten, die mindestens zwei Jahre im Unternehmen sind, haben hierbei die Möglichkeit, Anteile an der viadee AG zu erwerben. Fast 40 Prozent gehören inzwischen den Beschäftigten. Und die Gründer wollen weitere Anteile abgeben – bis die Firma irgendwann komplett im Besitz des Teams ist.
Einen ähnlichen Ansatz verfolgt die iteratec GmbH aus München. Wie die viadee AG möchte das Beratungsunternehmen mit dieser Form der Nachfolgeregelung nicht nur langfristige Stabilität und Unabhängigkeit, sondern auch die Unternehmenskultur bewahren und die Mitarbeitenden in den Mittelpunkt stellen. Dazu entschieden sich die beiden Gründer, eine Mitarbeiter-Genossenschaft zu gründen, die Gesellschafter der iteratec GmbH ist. Mitglied der Genossenschaft kann sein, wer in einem Beschäftigungsverhältnis mit der iteratec GmbH steht. Mitarbeitende, die gleichzeitig auch Mitglied sind, sind damit indirekt an ihrem Arbeitgeber beteiligt.
Geplant ist, dass die Genossenschaft bis voraussichtlich 2026/2027 alle Anteile übernimmt und damit die iteratec GmbH vollständig dem Team gehört. So kam auch der Name zustande: die iteratec nurdemteam eG. Durch deren Satzung ist ein weiterer Unternehmensverkauf praktisch ausgeschlossen und die langfristige Zukunft der Beteiligungsgesellschaft sowie der GmbH gesichert. Ein weiterer Nebeneffekt der Genossenschaft ist, dass ein Geschäftsanteil – unabhängig davon, ob die Firma wächst und sich der Firmenwert verändert – seinen Anteilswert behält. Somit muss keine Wertermittlung stattfinden, weil der Eintritt in die Genossenschaft für jedes Mitglied immer den gleichen finanziellen Aufwand bedeutet und beim Ausscheiden aus der Genossenschaft nur die eigene Einlage zurückerhält.
Die Mitarbeiterbeteiligung bietet eine zukunftsweisende Lösung für die Nachfolgeregelung in mittelständischen Unternehmen, die Unternehmenskultur und Unabhängigkeit bewahren möchte. Die Beispiele der viadee AG und der iteratec GmbH verdeutlichen, wie solche Modelle die Belegschaft stärker einbinden und langfristige Stabilität sichern. Ob durch eine nicht börsennotierte Aktiengesellschaft oder eine Genossenschaft – beide Ansätze fördern Identifikation, Motivation und Mitverantwortung der Mitarbeitenden. Gleichzeitig vermeiden sie Risiken wie Verkäufe ins Ausland oder Betriebsschließungen. Diese innovativen Modelle bieten insbesondere eigentümergeführten Unternehmen eine nachhaltige Alternative zu klassischen Nachfolgelösungen und können als Inspiration für andere Unternehmen dienen, die vor ähnlichen Herausforderungen stehen.