2025

BFH-Urteil: Geschenkte Unternehmensanteile zur Nachfolgeregelung sind kein Arbeitslohn 

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Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 20. November 2024 (Az. VI R 21/22) eine für die Unternehmensnachfolge bedeutsame Weichenstellung vorgenommen. Nach der Entscheidung führt die unentgeltliche Übertragung von Gesellschaftsanteilen an leitende Mitarbeiter zur Sicherung der Nachfolge nicht zu Arbeitslohn, sofern die Maßnahme nicht durch das Dienstverhältnis veranlasst ist und unabhängig vom Fortbestand des Arbeitsverhältnisses erfolgt. Im entschiedenen Fall hatten die Gesellschafter einer GmbH sowohl ihren Sohn als auch mehrere Führungskräfte mit Anteilen ausgestattet, um die künftige Leitung des Unternehmens auf eine breitere Basis zu stellen. Während das Finanzamt in der Zuwendung einen steuerpflichtigen geldwerten Vorteil sah, bestätigte der BFH die bereits vom Finanzgericht Sachsen-Anhalt vertretene Auffassung, dass der Vorgang vorrangig nachfolgerechtlich motiviert war und nicht als Vergütung zu qualifizieren ist. 

Neue Spielräume für Nachfolgemodelle 

Die Entscheidung eröffnet Unternehmen neue Möglichkeiten bei der Gestaltung von Beteiligungsmodellen im Rahmen der Nachfolge. Besonders Management-Buy-Outs (MBO), deren Finanzierung bislang häufig durch die Unsicherheit der lohnsteuerlichen Behandlung erschwert wurde, profitieren von der nun klareren Rechtslage. Indem der BFH den Grundsatz bekräftigt, dass reine Nachfolgeübertragungen keinen Entgeltcharakter aufweisen, wird die Einbindung von Führungskräften in die Unternehmensfortführung deutlich erleichtert. Auch für breiter angelegte Employee-Buy-Out-Modelle (EBO) könnten sich neue Perspektiven ergeben. Erste Fachstimmen sehen hierin ein wichtiges Signal zugunsten stärkerer Mitarbeiterbeteiligung und einer stabileren Nachfolgesicherung im Mittelstand. 

Steuerliche Einordnung 

Im steuerlichen Kontext ist die Abgrenzung zur Schenkungsteuer von zentraler Bedeutung. Fällt mangels Entgeltcharakters kein Arbeitslohn an, handelt es sich grundsätzlich um eine schenkweise Übertragung. Damit rückt das Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht in den Vordergrund, dessen Begünstigungen für Unternehmensvermögen nach den §§ 13a und 13b ErbStG erhebliche steuerliche Vorteile bieten können. Ob diese Vergünstigungen im Einzelfall tatsächlich greifen, hängt jedoch von einer Vielzahl betrieblicher und struktureller Voraussetzungen ab, etwa der Einordnung des Vermögens als begünstigtes Betriebsvermögen oder der Einhaltung der gesetzlichen Fortführungs- und Behaltensfristen. Das BFH-Urteil beantwortet diese Fragen nicht, schafft aber die notwendige Grundlage, Übertragungen im Rahmen der Nachfolge lohnsteuerlich klar einzuordnen und damit die steuerliche Gesamtplanung belastbarer zu gestalten. 

Bedeutung für den Mittelstand 

Vor dem Hintergrund der aktuellen Herausforderungen der Unternehmensnachfolge, wonach laut dem Institut für Mittelstandsforschung Bonn bis 2026 rund 560.000 Unternehmen vor einem Generationswechsel stehen, gewinnt die Entscheidung erhebliches Gewicht. Da familieninterne Nachfolger zunehmend fehlen, rücken MBO- und EBO-Modelle stärker in den Fokus. Die BFH-Rechtsprechung stärkt diese Ansätze und unterstreicht die Rolle der Mitarbeiterbeteiligung als strategisches Instrument, um die Kontinuität von Unternehmen langfristig zu sichern. 

Fazit

Das Urteil des Bundesfinanzhofs stellt einen bedeutenden Fortschritt für mehr Rechtssicherheit und Flexibilität bei der Übertragung von Unternehmensanteilen im Rahmen der Nachfolgeplanung dar. Es erleichtert Management-Buy-Outs erheblich und eröffnet langfristig auch Potenzial für Employee-Buy-Out-Modelle. Für die Praxis bedeutet dies, Mitarbeiterbeteiligung nicht allein als Vergütungsinstrument zu betrachten, sondern sie strategisch in die Nachfolgeplanung einzubinden, um den Fortbestand des Unternehmens nachhaltig zu sichern. 

               

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