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10. Dezember 2025
2 Minuten
Die Übertragung von Unternehmen an die Belegschaft gewinnt in Großbritannien zunehmend an Bedeutung. Nach Angaben der European Federation of Employee Share Ownership (EFES) ist die Umwandlung in sogenannte Employee Ownership Trusts (EOTs) nach der familieninternen Übergabe mittlerweile die zweithäufigste Form der Unternehmensnachfolge bei kleinen und mittleren Unternehmen. Allein im vergangenen Jahr wurden rund 600 Unternehmen in EOTs überführt, wodurch etwa 50.000 Beschäftigte zu Miteigentümern ihres Unternehmens wurden.
In den vergangenen zehn Jahren haben Employee Ownership Trusts (EOTs) in Großbritannien ein außergewöhnliches Wachstum erlebt und sich zu einem zentralen Instrument der Unternehmensnachfolge in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) entwickelt. Prognosen zufolge steuert Großbritannien auf eine Situation zu, in der jedes zehnte KMU in Mitarbeiterhand sein könnte. Bemerkenswert ist dabei, dass in der großen Mehrheit der Fälle die Mitarbeitenden zu 100 Prozent Eigentümer ihres Unternehmens werden (durchschnittlich in Unternehmen mit rund 72 Beschäftigten) ohne dabei eigenes Kapital aufbringen oder ein finanzielles Risiko tragen zu müssen.
Der heutige EOT-Mechanismus geht auf den Nuttall Review von 2012 zurück, eine Untersuchung der damaligen konservativ-liberalen Regierung, die wesentliche Hürden für Mitarbeiterbeteiligungen identifizierte. Zu den wichtigsten Hindernissen zählten ein Mangel an Expertise bei Beraterinnen und Beratern, fehlende Finanzierungsmöglichkeiten und eine komplexe rechtliche Ausgangslage. Als pragmatische Antwort wurde der Employee Ownership Trust entwickelt, der eine besonders einfache und zugleich flexible Struktur bietet. Mit dem Finance Act 2014 folgten entscheidende steuerliche Anreize. Unternehmensverkäufe an EOTs sind seitdem vollständig von der Kapitalertrags- und Erbschaftssteuer befreit, sofern der Trust die Mehrheit der Anteile übernimmt und alle Mitarbeitenden gleichberechtigt begünstigt werden.
Der Erfolg des EOT-Modells beruht vor allem auf der außergewöhnlichen Einfachheit des zugrunde liegenden Mechanismus. Der Trust tritt als neuer, personifizierter Eigentümer an die Stelle der bisherigen Inhaberschaft, ohne dass die rechtliche Struktur oder der operative Betrieb des Unternehmens verändert werden müssen. Das Unternehmen bleibt vollständig handlungsfähig und kann ohne Unterbrechung weitergeführt werden. Zugleich verkörpert der Trust das kollektive Eigentum der gesamten Belegschaft. Geführt wird er typischerweise von einer kleinen Gruppe von Treuhänderinnen und Treuhändern, während die Mitarbeitenden selbst keine Aktien besitzen und auch keine Mitglieder des Trusts sind. Sie sind vielmehr Begünstigte, die Anspruch auf Gewinnbeteiligung und Mitwirkung in der Unternehmensführung haben. Da der Trust als gemeinnützige Organisation steuerlich neutral gestellt ist, kann er Unternehmensgewinne effizient an die Belegschaft weitergeben.
Diese Konstruktion macht es möglich, Unternehmensübertragungen vollständig kreditfinanziert zu organisieren, ohne dass die Mitarbeitenden eigenes Geld einbringen müssen. Andere europäische Modelle können diese Kombination aus Einfachheit, Flexibilität und steuerlicher Neutralität nicht bieten. Weder die spanische sociedad laboral noch der französische fonds commun de placement de reprise oder die belgische société coopérative de participation erfüllen die funktionalen Anforderungen eines Trusts; einige dieser Ansätze scheiterten zudem an europarechtlichen Vorgaben oder mangelnder praktischer Umsetzbarkeit. Entsprechend groß ist das Interesse anderer europäischer Staaten an der britischen Entwicklung.
Damit hat Großbritannien ein Modell etabliert, das zu einem der erfolgreichsten Ansätze für eine nachhaltige und mitarbeiterorientierte Unternehmensnachfolge geworden ist. Das EOT-System verbindet einfache Strukturen, steuerliche Attraktivität und hohe Skalierbarkeit und setzt damit neue Maßstäbe für breitenwirksame Mitarbeiterbeteiligung im Mittelstand.