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10. Dezember 2025
5 Minuten

Vom 5. bis 8. August 2025 fand in Großbritannien das „Oxford Symposium on Employee Ownership“ statt. Über 130 Fachleute aus mehr als 20 Ländern kamen zusammen, um sich darüber auszutauschen, wie Mitarbeiterbeteiligung in Form von Miteigentümerschaft der Belegschaft an Unternehmen zu regionaler Wertschöpfung, wirtschaftlicher Stabilität sowie sozialem Zusammenhalt beitragen und wie ihre politische Förderung gestaltet werden kann. Auch der Bundesverband Mitarbeiterbeteiligung – AGP war durch Ilka Schulze (1. Vorsitzende), Prof. Dr. Thomas Steger (Vorstandsmitglied) und Dirk Lambach (Geschäftsführer) vertreten.
Beim Symposium kamen Vertreter der Wirtschaft, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, NGOs und politische Entscheidungsträger zusammen. Ziel war es, bewährte Praktiken und neue Ansätze zu teilen, die sich bei der Umsetzung von Mitarbeiterbeteiligung als erfolgreich erwiesen haben und vielversprechende Perspektiven bieten. Die Veranstaltung verdeutlichte eindrucksvoll, wie stark das weltweite Interesse an Modellen des Belegschaftseigentums wächst und welche Rolle diese bei der Gestaltung zukunftsfähiger Wirtschaftsstrukturen spielen können. Zugleich zeigte sich, wie unterschiedlich Employee Ownership weltweit verstanden und abhängig von rechtlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen umgesetzt wird.
Die Veranstaltung bot einen umfassenden Überblick über zentrale Modelle und ihre Wirkung in unterschiedlichen Ländern und machte zugleich deutlich, dass Employee Ownership keine Randerscheinung mehr ist. Im Fokus standen insbesondere die Employee Stock Ownership Plans (ESOPs) in den USA. Mittlerweile praktizieren rund 6.358 Unternehmen dieses Modell und ermöglichen damit mehr als 10,8 Millionen Beschäftigten eine Beteiligung am eigenen Unternehmen. In Großbritannien hat sich das Modell der Employee Ownership Trusts (EOTs) etabliert, in dem inzwischen etwa 2.470 Unternehmen mit rund 335.000 Mitarbeitenden organisiert sind.
Das Beispiel Slowenien, wo in diesem Jahr ein Gesetz in Kraft getreten ist, das die Beteiligung von Beschäftigten in demokratischen Strukturen fördert, zeigte, wie entscheidend klare rechtliche Rahmenbedingungen und politischer Wille für die Verbreitung solcher Modelle sind. Auch Dänemark plant noch für 2025 eine eigene EOT-ähnliche Employee-Ownership-Gesetzgebung. Ähnliche Initiativen lassen sich auch außerhalb Europas beobachten, beispielsweise in Kanada, wo 2024 erstmals eine nationale Gesetzgebung zu Employee Ownership umgesetzt wurde.
Darüber hinaus wurden erste Ansätze aus Japan, der Ukraine sowie aus afrikanischen und südamerikanischen Ländern präsentiert, um Employee Ownership in ganz unterschiedlichen wirtschaftlichen und kulturellen Kontexten zu etablieren. Besonders bewegend war der Beitrag der ukrainischen Delegation, deren Mut und Ausdauer inmitten des Krieges mit lang anhaltendem Applaus gewürdigt wurden.
Ein zentrales Thema, das sich durch viele Beiträge des Symposiums zog, war die Bedeutung einer guten Unternehmensführung. Immer wieder wurde deutlich, dass Modelle des Belegschaftseigentums nur dann ihr Potenzial entfalten können, wenn klare Strukturen, transparente Entscheidungswege und verlässliche Beteiligungsmechanismen etabliert sind. In diesen müssen Mitarbeitende wirklich mitreden, mitentscheiden und informiert handeln können. Zudem müssen diese dauerhaft geschützt und klar geregelt sein.
Deutlich wurde auch, dass Employee Ownership weit mehr ist als eine finanzielle Beteiligung. Es verändert Rollen, Erwartungen und Verantwortlichkeiten im Unternehmen. Damit Mitarbeitende tatsächlich Einfluss nehmen können, sind Schulungen für Gremien und Führungskräfte sowie Verfahren erforderlich, die sicherstellen, dass Informationen geteilt und Entscheidungen nachvollziehbar getroffen werden.
Insbesondere bei vollständig oder mehrheitlich mitarbeitereigenen Unternehmen zeigt sich, dass eine gute Governance entscheidend dafür ist, dass die Beteiligung nicht nur formal existiert, sondern auch im Alltag gelebt wird. Fehlende Strukturen oder unklare Zuständigkeiten können Prozesse blockieren und die Einbindung der Belegschaft behindern. Das Symposium machte deutlich, dass eine erfolgreiche Mitarbeiterbeteiligung ein stabiles organisatorisches Fundament benötigt, das Mitbestimmung ermöglicht, Verantwortlichkeiten klar definiert und Vertrauen schafft. Nur so wird aus Eigentum echte Teilhabe.
Die Diskussionen offenbarten für Deutschland, dass es im internationalen Vergleich noch Entwicklungsbedarf hat, zugleich aber vom Erfahrungsaustausch und den positiven Beispielen anderer Länder profitieren kann. Zwar existieren Instrumente wie der steuerliche Freibetrag, doch diese sind vor allem im Mittelstand kaum bekannt. Es fehlen zudem einfache Modelle, um Unternehmensanteile in größerem Umfang oder vollständig an Mitarbeitende zu übertragen. Ein wesentlicher Engpass ist das Fehlen von Trust-Strukturen, wie sie in Großbritannien existieren. Bislang können Beteiligungsmodelle zur Nachfolgeregelung hierzulande daher nur über komplexe Stiftungs- oder Genossenschaftsmodelle realisiert werden. Ein zukunftsweisender Schritt war die Ankündigung der Gründung einer International Federation of Employee Ownership. Diese neue Plattform soll Akteure weltweit vernetzen, Best-Practice-Beispiele austauschen und politische Arbeit auf internationaler Ebene koordinieren. Für die AGP würden sich dadurch neue Möglichkeiten zur Zusammenarbeit und Positionierung in einem wachsenden globalen Netzwerk eröffnen.
Das Oxford Symposium 2025 war weit mehr als nur eine Fachkonferenz. Es war ein globaler Treffpunkt einer wachsenden Bewegung, die sich vernetzt und konkrete Veränderungen bewirkt. Von neuen Gesetzesinitiativen über Diskussionen zu Governance und Unternehmensnachfolge bis hin zur Gründung einer internationalen Föderation zeigte das Symposium, dass die Mitarbeiterbeteiligung im Vergleich zur nationalen Debatte in Deutschland weltweit eine bedeutende Rolle spielt, Aufmerksamkeit erfährt und als Bestandteil moderner Wirtschaftsmodelle wahrgenommen wird.
Für die AGP war die Teilnahme von Dirk Lambach, Thomas Steger und Ilka Schulze ein wichtiger Schritt, um internationale Erfahrungen nach Deutschland zu tragen, die gewonnenen Erkenntnisse zu nutzen, um die nationale Diskussion zu stärken, konkrete Vorschläge für bessere rechtliche und steuerliche Rahmenbedingungen einzubringen sowie ein eigenes, tragfähiges Modell zu entwickeln. „Employee Ownership ist längst kein Nischenthema mehr – es ist eine Antwort auf zentrale wirtschaftliche Herausforderungen, von Unternehmensnachfolge über Vermögensbildung bis hin zu stabilen Strukturen in der Wirtschaft“, fasste Dirk Lambach die Erkenntnisse aus Oxford zusammen.

