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ISSN 0948-8758
Nr. 365 / 71. Jahrgang – 11. Dezember 2024
Das Magazin des Bundesverband Mitarbeiterbeteiligung
ESG-Reporting Wie Mitarbeiterbeteiligung zur Erreichung von Nachhaltigkeitszielen beitragen kann |
Essay Mitarbeiterbeteiligung als Baustein für mehr Teilhabe und zur Festigung der Demokratie |
Beteiligungsmodell Neuer Schwung für Genussrechte |
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder der AGP,
es ist uns eine Freude, Ihnen die aktuelle Ausgabe der AGP-Mitteilungen vorzustellen. Doch zunächst gilt unser Dank Herrn Dr. Heinrich Beyer, der achtzehn Jahre die Geschicke unseres Verbandes geleitet und sich Anfang dieses Jahres auf eigenen Wunsch schrittweise aus der Arbeit für die AGP zurückgezogen hat. Gleichwohl freuen wir uns, dass er uns weiterhin vornehmlich für die Beratungen sowie die politischen Arbeit mit seiner Erfahrung und Expertise in geringerem zeitlichem Umfang erhalten bleibt. Dafür wie auch für seinen Einsatz und Engagement für den Verband in den vergangenen Jahren möchten wir uns an dieser Stelle recht herzlich bedanken. Er hat die AGP als Geschäftsführer in turbulenten Zeiten auf ein solides Fundament gestellt und den Verband zu einem anerkannten Ansprechpartner für Unternehmen und Politik in allen Fragen rund um die Mitarbeiterbeteiligung gemacht.
Und die Mitarbeiterbeteiligung ist aktueller denn je. In einer Zeit, die von dynamischen Veränderungen und neuen Herausforderungen geprägt ist, verbessert sie die fnanzielle Sicherheit der Beschäftigten und schaff t somit eine Grundlage für einen sozialen Ausgleich. Gleichzeitig stärkt sie Unternehmen von innen und trägt damit zur wirtschaftlichen Stabilisierung bei. Darüber hinaus sehen wir in der Mitarbeiterbeteiligung zunehmend auch einen Baustein für nachhaltige Unternehmensführung und gesellschaftliche Teilhabe, der zur Stärkung demokratischer Werte und Strukturen beitragen kann.
Mit dem Zukunftsfinanzierungsgesetz, das Anfang dieses Jahres in Kraft getreten ist, hat die Politik einen wichtigen Schritt zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Mitarbeiterbeteiligung unternommen – ein Signal, das die Bedeutung der Mitarbeiterbeteiligung unterstreicht. Doch trotz dieser Fortschritte bleibt noch viel zu tun: Nur 2–3 % der deutschen Unternehmen bieten bislang entsprechende Beteiligungsprogramme an. Vor allem im Mittelstand besteht noch großer Nachholbedarf, der in erster Linie auf Informationsdefizite und Vorbehalte zurückzuführen ist. Von rechtlichen Hintergründen über die politische Ebene bis hin zu wissenschaftlichen Erkenntnissen – unsere Beiträge in den AGP-Mitteilungen beleuchten das breite Spektrum der Mitarbeiterbeteiligung. Wir zeigen innovative Praxisbeispiele, in denen die Mitarbeiterbeteiligung nicht nur den wirtschaftlichen Erfolg stärkt, sondern auch die Unternehmenskultur bereichert und wie sie als alternative Lösung der Nachfolgeproblematik sowie zur Erreichung von Nachhaltigkeitszielen dient.
Wir laden Sie herzlich ein, sich inspirieren zu lassen und gemeinsam mit uns die Chancen der Mitarbeiterbeteiligung zu nutzen, um Wirtschaft und Gesellschaft zukunftsfähig zu gestalten.
Mit herzlichen Grüßen
Ilka Schulze, 1. Vorsitzende der AGP
Dirk Lambach, Geschäftsführer der AGP
Nachruf Zum Tod von Dr. Christian Dräger |
Neue Förderung Diese Regelungen gelten ab 2024 |
Essay Mitarbeiterbeteiligung als Baustein für mehr Teilhabe und zur Festigung der Demokratie |
ESG-Reporting Wie Mitarbeiterbeteiligung zur Erreichung von Nachhaltigkeitszielen beitragen kann |
Geschichte Ein Vordenker der Mitarbeiterbeteiligung |
Gastbeitrag Reformvorschlag zur Besteuerung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung: Der Weg zu einem einfacheren System |
Steuerliche Regelung Aktualisiertes Anwendungsschreiben des Bundesfinanzministeriums zur Mitarbeiterkapitalbeteiligung |
Nachfolgeregelung Mitarbeiterbeteiligung als innovative und nachhaltige Alternative zu traditionellen Nachfolgelösungen |
Beteiligungsmodell Neuer Schwung für Genussrechte |
Aus der Praxis Erfolgsmodell der sozialen Partnerschaft – Die Mitarbeiterbeteiligung bei der Grünbeck AG |
Frankreich Belegschaft rettet Traditionsunternehmen |
Rechtsform Einfach machen – Österreich als Vorbild für die Mitarbeiterbeteiligung in Startups |
Umfrage Mitarbeiterbeteiligung ist im Kommen |
Initiative Aktionskreis Mitarbeiterbeteiligung gegründet |
Rechtsprechung Klares Urteil des Bundesfinanzhofs zur steuerrechtlichen Bewertung von Erlösen aus Beteiligungsprogrammen |
Buchrezension Vermögensbildungspolitik: Wohlstand steigern – Ungleichheit verringern – Demokratie stärken |
Am 30. November 2024 ist der ehemalige Vorstandsvorsitzender der Drägerwerk AG & Co. KGaA Dr. Christian Dräger im Alter von 90 Jahren verstorben. Von 1984 bis 1997 leitete er das von seinem Vater übernommene Familienunternehmen in der vierten Generation. Noch bevor er an die Spitze des väterlichen Unternehmens trat, übernahm er von 1978 – 1982 als Vorsitzender des Vorstandes die Führung der AGP. In dieser Zeit engagierte er sich für die tarifvertragliche Mitarbeiterbeteiligung, öff nete den Zugang zu den Großunternehmen, und initiierte die Stiftung „Sozialer Wandel in der unternehmerischen Wirtschaft”, deren erster Präsident er auch war.
Dr. Christian Dräger begegnete bereits im Alter von 14 Jahren zum ersten Mal dem Gedanken, Mitarbeiter am Unternehmenserfolg zu beteiligen. Damals las er in den Lebenserinnerungen seines Urgroßvaters, der 1889 die Drägerwerke gründete und bereits 1900 seine Mitarbeiter am Jahresgewinn beteiligte, genau in dem Jahrzehnt in dem Ernst Abbe in Jena seine berühmten Grundsätze zur Beteiligung der Mitarbeiter am Ertrag der Zeiss-Werke formulierte. In den fünfziger Jahren kam er als Student der Betriebswirtschaft an der Münchener Ludwig-Maximilians-Universität mit Prof. Guido Fischer in Kontakt, der jahrzehntelang nicht nur unter den deutschen Hochschullehrern, sondern für die gesamte Nachkriegsentwicklung der deutschen Wirtschaft so etwas wie ein Bannerträger der Idee der Mitarbeiterbeteiligung war. Fischer brachte den jungen Studenten mit der AGP zusammen, zu deren Gründern er selbst gehörte.
In der eigenen Firma verfolgte er das Ziel, eine Kapitalbeteiligung der Arbeitnehmer einzuführen. Was zunächst bis 1970 als off ene Handelsgesellschaft noch schwierig war, sollte 1979 mit dem Börsengang des Unternehmens durch ihn auf den Weg gebracht werden. Bis heute können Angestellte Vorzugsaktien erwerben, die Anspruch auf eine Dividende besitzen, jedoch keine Stimmrechte. Die Drägerwerk AG & Co. KGaA zählt damit zu einen der wenigen mittelständischen Familienunternehmen, die eine solche Mitarbeiterkapitalbeteiligung über Aktien umsetzen.
Wir verlieren mit Christian Dräger eine prägende Persönlichkeit für die Mitarbeiterbeteiligung in Deutschland und einen langjährigen Unterstützer unseres Verbands. Wir werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren.
Ab Januar 2024 treten die neuen Regelungen zur Förderung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung in Kraft. Die Änderungen betreffen den Freibetrag für Vermögensbeteiligungen, die nachgelagerte Besteuerung für kleine- und mittlere Unternehmen (KMU) sowie die Einkommensgrenze für vermögenswirksame Leistungen.
Gemäß § 3,39 des Einkommensteuergesetzes wird der Freibetrag für Vermögensbeteiligungen von 1.440 Euro auf 2.000 Euro erhöht. Diese Zuwendungen seitens des Arbeitgebers sind nun bis zu 2.000 Euro pro Jahr und Mitarbeiter sowohl steuer- als auch sozialabgabenfrei. Sollte der Arbeitgeber den Freibetrag nicht vollständig ausschöpfen, haben Mitarbeiter die Möglichkeit, Vermögensbeteiligungen von bis zu 2.000 Euro im Rahmen der Entgeltumwandlung zu erwerben, wobei diese steuerfrei, aber sozialversicherungspflichtig sind. Es gibt weiterhin keine Sperr- oder Haltefristen für Vermögensbeteiligungen.
Für kleine- und mittlere Unternehmen (KMU) mit weniger als 1.000 Mitarbeitern und einem Umsatz von maximal 100 Millionen Euro, die höchstens 20 Jahre alt sind, wurde die nachgelagerte Besteuerung eingeführt. Diese Regelung ermöglicht es Arbeitgebern, Vermögensbeteiligungen unentgeltlich oder verbilligt zu übertragen, ohne dass der Vorteil der Besteuerung unterliegt. Die Steuerpflicht tritt erst ein, wenn die Vermögensbeteiligung verkauft wird oder 15 Jahre seit der Übertragung vergangen sind. Die ursprünglich geplante Konzernregelung entfällt, und Mitarbeiter können sich nur am gebenden Unternehmen beteiligen.
Die Einkommensgrenze für die Arbeitnehmersparzulage wurde von 20.000 Euro auf 40.000 Euro zu versteuerndem Einkommen für Ledige und von 40.000 Euro auf 80.000 Euro für Verheiratete angehoben. Diese Maßnahme soll die Attraktivität von vermögenswirksamen Leistungen für eine breitere Gruppe von Arbeitnehmern steigern.
Vieles wurde getan, einiges bleibt noch zu tun, um die „Brücke zwischen Kapital und Arbeit” weiter zu stärken.
Von Dr. Hans-Jörg Naumer und Dirk Lambach
Mitarbeiterkapitalbeteiligung hat eine Mehrheit in Deutschland, so belegten es die mittels Qualtrics geführten Umfragen von Economic Research der Allianz bereits 2022, so findet es auch 2024 wieder eine Bestätigung.
Die Mehrheit der Deutschen, wie auch einiger anderer europäischer Länder, für welche die Umfragen durchgeführt wurden, sind dafür. Insgesamt wurden in Deutschland (1.020), Frankreich (1.020), Italien (1.021), Polen (1.032), Spanien (1.006) und Österreich (1.171) 6.270 Personen befragt. Auf die Frage „Würden Sie an einem Programm für Mitarbeiteraktien Ihres Arbeitgebers teilnehmen, wenn Sie dazu Zugang hätten?“ antworteten 19,4% mit „Ja, in jedem Fall“, weitere 36,4% mit „Ja, wenn es steuerliche Vorteile mit sich bringt.“ 16,5% sind unentschieden. Weniger als ein Drittel lehnen die Mitarbeiterkapitalbeteiligung ab.
Im Ländervergleich liegt Deutschland (53,3% bedingte und unbedingte Zustimmung) im Mittelfeld der Zustimmungsraten. In Polen und Spanien sind diese mit 67,4% und 61,1% noch höher. Im Vergleich zu den Umfragen der Vorjahre 2021 und 2023 hat ist die Zustimmung zur Mitarbeiterkapitalbeteiligung weiter gestiegen.
Auch der Generationenvergleich ist über die Länder hinweg sehr aufschlussreich. Dabei zeigt sich: Je jünger desto mehr Zustimmung. So hat die Mitarbeiterkapitalbeteiligung bei der GenZ und den Millennials eine gute Zwei-Drittel-Mehrheit. Bei den Boomern fällt sie auf 32,1% und ist sogar etwas niedriger als bei der Rentnergeneration (34,2%). Verständlich: Je mehr Lebensarbeitszeit jemand noch vor sich hat, desto attraktiver sind für ihn auch Vermögensbildung und Mitarbeiterkapitalbeteiligung.
Interessant ist auch der vergleichsweise hohe Prozentsatz der Unentschlossenen. Gerade hier könnte neben finanzieller Aufklärung auch die steuerliche Förderung helfen, sowie auch ein breiteres Angebot durch mehr Firmen.
Seit Anfang 2024 gibt es das Zukunftsfinanzierungsgesetz. Unter anderem wurde dadurch der steuerliche Freibetrag für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen von 1.440 EUR auf 2.000 EUR erhöht. Der Vergleich mit einigen Nachbarländern zeigt, dass dieser Freibetrag noch sehr moderat ausgefallen ist, vor allem wenn man z. B. an die Start-ups denkt oder Management-Buy-Outs. Hier kommt es immer noch zu steuerlichen Benachteiligungen.
Beispiel: Eine Firma wird verkauft. Wird sie an Mitarbeiter zu einem Wert unterhalb des Marktwertes verkauft, wird das als geldwerter Vorteil steuerlich relevant. Wird die Firma an unbeteiligte Dritte veräußert, spielt der Preis keine Rolle. Ein geldwerter Vorteil kann nicht in Betracht kommen. Was aber ist dieser Marktpreis? Viele Unternehmer suchen doch händeringend Nachfolger und sind froh, wenn sie verkaufen können. Zu verschenken hat niemand etwas.
Aber auch bei den Unternehmen selbst ist noch Luft nach oben, denn nur 2 bis 3 % der Unternehmen bieten Mitarbeiterbeteiligungsprogramme an. Während bei den börsennotierten Unternehmen und den Start-ups Beteiligungsangebote durchaus verbreitet sind, ist es vor allem der Mittelstand, der mit einer Mitarbeiterbeteiligung noch fremdelt. Das liegt nicht zuletzt an Vorbehalten und mangelnder Kenntnis über Möglichkeiten, die Mitarbeiter auch dann zu beteiligen, wenn das Unternehmen keine Aktien ausgeben kann.
Dabei wären mit den neuen Regelungen durchaus gute Voraussetzungen geschaffen, der Mitarbeiterbeteiligung in Deutschland zum Durchbruch zu verhelfen. Immerhin handelt es sich mit 2.000 Euro Freibetrag, die die Mitarbeiter steuer- und abgabenfrei als Vermögensbeteiligungen am Unternehmen pro Jahr erhalten können, um den größten Steuervorteil, den man den Beschäftigten sachungebunden zukommen lassen kann. Sollte der Arbeitgeber den Freibetrag nicht vollständig ausschöpfen, kann der Mitarbeiter zudem selbst entscheiden, ob er mit Teilen seines Gehalts eine Mitarbeiterbeteiligung bis zu 2.000 Euro im Rahmen einer Entgeltumwandlung erwerben will.
Tatsächlich muss man aber fairerweise hinterfragen, wer außerhalb der Start-up- und Kapitalmarktszene überhaupt etwas von den positiven Änderungen für die Mitarbeiterbeteiligung mitbekommen hat. Denn die neuen Regelungen zur Mitarbeiterbeteiligung kamen ein wenig verdeckt daher. Verpackt im sogenannten Zukunftsfinanzierungsgesetz ging es dem Bundeskabinett vor allem darum, den Start-up-Standort Deutschland im internationalen Wettbewerb um hochqualifizierte Beschäftigte besser zu positionieren. Unter einem von rund 30 Artikeln des Gesetzes finden sich dann die geltenden Regelungen zur Mitarbeiterbeteiligung.
Wünschenswert wäre es, dass die Politik die Mitarbeiterbeteiligung als gesamtgesellschaftliche Thematik positioniert, um der Mitarbeiterbeteiligung mehr Beachtung zu verleihen. Ähnlich wie sie es bei anderen Themen in der Vergangenheit – wie beispielsweise CSR oder Nachhaltigkeit – unternommen hat, könnte sie das Thema durch Kampagnen in die Unternehmen tragen. Zum anderen könnten sich aber auch die Gewerkschaften weiter für das Thema öffnen, die sich bisher eher ablehnend oder mit einem grundsätzlichen „Ja, aber“ dazu positionieren.
Aktuell erarbeitet das Wirtschaftsforum der FDP-Bundestagsfraktion einen Vorschlag für ein Zukunftsfinanzierungsgesetz II, womit u. a. die Aktienkultur gestärkt werden soll. Vielleicht bietet sich hier ein erster Anknüpfungspunkt, die Mitarbeiterbeteiligung thematisch breiter in ihrer gesellschaftspolitischen Relevanz zu verankern.
Mit der Einführung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) durch die Europäische Union wird Nachhaltigkeit zunehmend zum verpflichtenden Bestandteil der Unternehmensberichterstattung. Gemäß dieser EU-weiten Richtlinie, die ab 2024 schrittweise in Kraft tritt, müssen Unternehmen umfassend über ihre Umwelt-, Sozial- und Governance-Maßnahmen (ESG-Kriterien) berichten. Dabei hängt der Erfolg einer nachhaltigen Unternehmensstrategie maßgeblich von der Integration und Motivation der Mitarbeitenden ab. Die Mitarbeiterbeteiligung kann hier ein entscheidender Hebel sein, indem sie zum einen eine direkte Verbindung zwischen Belegschaft und Unternehmensstrategie schafft und zum anderen gleichzeitig soziale und ökologische Nachhaltigkeitsziele unterstützt.
Mit der Einführung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) wird Nachhaltigkeit von einer freiwilligen Aufgabe zu einem verpflichtenden Element unternehmerischen Handelns. Die neue EU-weite Richtlinie wurde entwickelt, um sicherzustellen, dass Unternehmen detailliert über ihre Umwelt-, Sozial- und Governance-Leistungen (ESG-Kriterien) berichten und so Transparenz und Verantwortung in der Geschäftswelt hergestellt wird.
Ab 2024 gilt die CSRD schrittweise für Unternehmen in der EU und erweitert die bisherigen Berichtspflichten, wie sie in der Non-Financial Reporting Directive (NFRD) festgelegt waren. Ziel der neuen Richtlinie ist es, nachhaltige Investitionen zu fördern, das Vertrauen der Stakeholder zu stärken und den Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft in der EU zu beschleunigen.
Die CSRD stellt damit neue Anforderungen an die Unternehmen, die sowohl den Umfang als auch die Tiefe der Berichterstattung betreffen. Künftig müssen diese nicht nur ihre finanzielle Performance, sondern auch ihre sozialen und ökologischen Auswirkungen offenlegen. Dazu gehören Angaben zu Klimaschutzmaßnahmen, Ressourceneffizienz, Arbeitnehmerrechten, Chancengleichheit und Governance-Strukturen.
Besondere Bedeutung hat dabei das Prinzip der doppelten Materialität: Unternehmen müssen sowohl darlegen, wie sich ihre Geschäftstätigkeit auf Umwelt und Gesellschaft auswirkt (Inside-Out-Perspektive), als auch, wie ökologische und soziale Risiken das Unternehmen beeinflussen können (Outside-In-Perspektive).
Die CSRD verlangt zudem eine einheitliche Berichterstattung auf Basis der European Sustainability Reporting Standards (ESRS). Diese Standards definieren klare Leitlinien und Kennzahlen für die Erfassung von ESG-Daten und ermöglichen so eine vergleichbare und überprüfbare Nachhaltigkeitsberichterstattung.
Die Anforderungen betreffen nicht nur Großunternehmen, sondern auch viele kleine und mittelständische Unternehmen (KMUs), die in Lieferketten eingebunden sind. Unternehmen müssen nun umfangreiche Prozesse implementieren, um ESG-Daten zu erheben, zu analysieren und in ihre Geschäftsstrategien zu integrieren.
Mitarbeiterbeteiligung ist nicht nur ein Instrument zur Steigerung der Motivation und Bindung der Belegschaft, sondern kann auch zur Erreichung von Nachhaltigkeitszielen beitragen. Das zeigt die 2023 veröffentlichte Studie “Employee Financial Participation and Corporate Social and Environmental Performance” von Braam et al. Die Autoren untersuchen den Einfluss verschiedener Beteiligungsmodelle – wie Aktienoptionen, Gewinnbeteiligung und Kapitalbeteiligung – auf die soziale und ökologische Leistung von Unternehmen. Dabei wird besonders deutlich, dass breit angelegte Kapitalbeteiligungspläne, die allen Mitarbeitenden zugänglich sind, signifikant zur Verbesserung der Corporate Sustainability Performance (CSP) beitragen.
Zunächst fördern sie die Stakeholder-Orientierung, da Mitarbeitende sich stärker mit den langfristigen Zielen des Unternehmens identifizieren. Dieses Engagement erstreckt sich nicht nur auf wirtschaftliche, sondern auch auf soziale und ökologische Ziele. Zweitens wird das Konzept des psychologischen Eigentums gestärkt: Mitarbeitende, die finanziell beteiligt sind, entwickeln ein Gefühl von Verantwortung und Identifikation mit dem Unternehmen. Drittens schaffen solche Modelle eine stärkere Verbindung zwischen internen und externen Stakeholdern, da sie die Wahrnehmung der Mitarbeitenden für die gesellschaftliche Rolle ihres Unternehmens erweitern.
Demgegenüber weisen reine Gewinnbeteiligungspläne, die nicht mit einer Kapitalbeteiligung kombiniert sind, in der Regel eine geringere CSP auf. Diese Pläne fördern zwar kurzfristige Leistung, bieten jedoch keine Anreize für langfristige Investitionen in soziale oder ökologische Nachhaltigkeit. Des Weiteren wird von den Autoren dargelegt, dass soziale und ökologische Investitionen zwar häufig als Kosten wahrgenommen werden, jedoch langfristig signifikante Synergien generieren können. Unternehmen mit hoher CSP profitieren von einer verbesserten Reputation, stärkeren Beziehungen zu externen Stakeholdern sowie einer höheren Loyalität der Belegschaft. Dies bestätigt die Theorie der Legitimität und Unternehmensreputation, wonach soziale und ökologische Investitionen die Glaubwürdigkeit und Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens stärken.
Bei dem Büromöbelhersteller Sedus basiert das Nachhaltigkeitsverständnis auf den drei Säulen Soziales, Ökologie und Ökonomie. Dabei setzt das Unternehmen bereits seit den 1950er-Jahren u. a. auf die Mitarbeiterbeteiligung. Ergänzt wird dieses Modell durch eine Vielzahl von Maßnahmen im Bereich der sozialen Nachhaltigkeit. Dazu zählen ergonomische Arbeitsplätze, Gesundheitsprogramme, Sportangebote und eine betriebliche Verpflegung mit regionalen und nachhaltigen Produkten. Darüber hinaus fördert Sedus seine soziale Verantwortung durch zwei Stiftungen, die zum einen Wissenschaft und Umweltschutz sowie zum anderen Projekte für benachteiligte Kinder unterstützen. Diese Kombination aus finanzieller Beteiligung der Beschäftigten, sozialem Engagement und ökologischer Verantwortung zeigt, wie eine ganzheitliche Nachhaltigkeitsstrategie aussehen kann, die nicht nur die Anforderungen der CSRD-Richtlinien erfüllt, sondern Sedus auch als attraktiver Arbeitgeber und gesellschaftlich verantwortliches Unternehmen positioniert.
Auch der Snackhersteller Seeberger verknüpft seine sozialen Nachhaltigkeitsziele mit einer Mitarbeiterbeteiligung. Seit 1984 profitieren die Mitarbeitenden von einem Gewinnbeteiligungsmodell, das durch kapitalbasierte Programme zur Vermögensbildung ergänzt wurde. Gleichzeitig setzt Seeberger auf eine stärkere Einbindung der Belegschaft in die Unternehmensgestaltung und eine verbindende Unternehmenskultur, was unter anderem mit dem Projekt „Ein Seeberger” gezielt gefördert wird. Damit erfüllt das Unternehmen auch Anforderungen der CSRD hinsichtlich Transparenz und Mitbestimmung. Grundsätzlich bedeutet nachhaltiges Handeln für Seeberger, dass sie ihre Handlungs- und Arbeitsumfelder so gestalten, dass auch zukünftige Generationen auskömmlich leben und arbeiten können. Dazu hat Seeberger neben der Mitarbeiterbeteiligung weitere konkrete Maßnahmen in die Wege geleitet und umgesetzt, wie z. B. die Erstellung von Klimabilanzen zur Ableitung konkreter CO₂-Einsparungen sowie Nachhaltigkeitsleitlinien für Lieferanten.
Ein besonders innovatives Beispiel liefert EJOT, das bis 2035 klimaneutral werden möchte. Im Rahmen des Programms „wejot” können Mitarbeitende Teile ihres Gehalts investieren, die vom Unternehmen aufgestockt werden, wenn CO₂-Reduktionsziele erreicht werden. Diese Mittel fließen in interne Nachhaltigkeitsprojekte, die den ökologischen Fußabdruck des Unternehmens verringern. Darüber hinaus hat EJOT einen Ideenwettbewerb ins Leben gerufen, bei dem Mitarbeitende Vorschläge zur CO₂-Reduktion einbringen können. Bereits über 800 Ideen wurden gesammelt und teilweise umgesetzt. Diese Maßnahmen fördern nicht nur das Engagement der Mitarbeitenden, sondern machen Klimaschutz zu einem integralen Bestandteil der Unternehmenskultur. Das Befestigungstechnikunternehmen verbindet so auf innovative Weise ökologische Nachhaltigkeit, wirtschaftliche Leistung und soziale Verantwortung und zeigt, wie Unternehmen die Motivation ihrer Belegschaft nutzen können, um ökologische Ziele zu erreichen.
Mitarbeiterbeteiligung ist mehr als nur ein Mittel zur Mitarbeitermotivation und -bindung. Sie kann als ein strategisches Instrument genutzt werden, um soziale und ökologische Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Kapital- und Gewinnbeteiligungsmodelle fördern als soziale Dimension der Nachhaltigkeit Chancengleichheit, finanzielle Sicherheit und Arbeitszufriedenheit der Beschäftigten. Zugleich fördern sie auch die Governance, indem sie Transparenz und Mitbestimmung stärken.
Breit angelegte Kapitalbeteiligungsmodelle ermöglichen es hierbei den Mitarbeitenden, aktiv an der Unternehmensgestaltung teilzunehmen, was die Governance-Strukturen verbessert und das Vertrauen der Stakeholder erhöht. Zu guter Letzt kann die Mitarbeiterbeteiligung auch eine Brücke zwischen sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit schlagen, indem finanzielle Anreize genutzt werden, um die Motivation der Mitarbeitenden für Klimaschutz und Ressourcenschonung zu steigern.
Unternehmen, die auf breit angelegte und klar definierten Nachhaltigkeitszielen verknüpfte Beteiligungsmodelle setzen, können somit nicht nur ihre ESG-Ziele (Umwelt, Soziales, Governance) erreichen und den Anforderungen der neuen Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) gerecht werden, sondern auch langfristige Wettbewerbsvorteile sichern. Denn sie profitieren von einer besseren Reputation, stärkeren Beziehungen zu Stakeholdern und einer höheren Loyalität der Belegschaft.
Diese Vorteile führen zu einer stabileren wirtschaftlichen Performance und einem besseren Zugang zu Finanzierungen, da Investoren zunehmend Wert auf Nachhaltigkeit legen. Durch die Kombination finanzieller Anreize mit sozialen und ökologischen Maßnahmen schaffen sie zudem eine nachhaltige und resiliente Zukunft – für ihre Mitarbeitenden, ihre Stakeholder und die Gesellschaft.
Für die freiwillige ESG-Berichterstattung dienten bisher unterschiedliche Standards wie die Global Reporting Initiative (GRI), der Deutsche Nachhaltigkeitskodex oder der UN Global Compact als Richtlinie. Die GRI-Standards wurden dabei weltweit am häufigsten genutzt. Sie bieten Unternehmen weltweit sowohl einen zuverlässigen Rahmen als auch Orientierungshilfe für das Reporting über ihre nachhaltigkeitsbezogenen Auswirkungen.
Unter dem Standard GRI 401-2 werden Angaben zu betrieblichen Leistungen gemacht, die vollzeitbeschäftigten Angestellten standardmäßig angeboten werden. Dazu gehören u. a. Lebensversicherung, Altersversorgung, Aktienbeteiligung und sonstige.
Mit der CSRD läutet die EU einen Paradigmenwechsel in der ESG-Berichterstattung ein: Um mehr Transparenz und Vergleichbarkeit unter den großen und mittelständischen Unternehmen zu schaffen, werden betroffene Unternehmen erstmals dazu verpflichtet, mit den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) umfassende Informationen zu Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekten innerhalb des Lageberichts offenzulegen. Genau wie die Finanzkennzahlen unterliegen diese Angaben auch der Prüfungspflicht im Zuge der Jahresabschlussprüfung.
Die Standards sind in vier Gruppen unterteilt: Allgemein, Umwelt, Soziales und Governance. Unter den sozialen Standards werden mit dem ESRS S1 Themen abgefragt, die die eigenen Mitarbeiter betreffen. Die Hauptthemen des Standards sind Arbeitsbedingungen, grundlegende Arbeitnehmerrechte und Gleichberechtigung. Ziel des Standards ist es, die Arbeitsbedingungen und deren Auswirkungen auf das Unternehmen und die Mitarbeiter zu bewerten.
Dazu gehört auch die Darstellung der Einbindung von Mitarbeitern und Arbeitnehmervertretern in Unternehmensentscheidungen sowie die Beschreibung von Ansätzen und Maßnahmen zur Bewältigung wesentlicher negativer und positiver Auswirkungen sowie zur Minderung wesentlicher Risiken und Nutzung wesentlicher Chancen.
Vor 135 Jahren gründete Ernst Abbe die Carl-Zeiss-Stiftung. Seine Ideen prägen bis heute die Soziale Marktwirtschaft.
Als sich der Mechaniker Carl Zeiss, der Physiker Ernst Abbe und der junge Glaschemiker Otto Schott in Jena zusammentaten, um die besten Mikroskope der Welt zu bauen, konnten sie nicht ahnen, dass sie der erste Bundespräsident der Bundesrepublik dereinst voller Hoffnung als Vorreiter der Sozialen Marktwirtschaft feiern würde: als Unternehmer und Vordenker, deren Ideen von Führung, Mitarbeiterbeteiligung und sozialer Verantwortung nach dem Zusammenbruch von Nazi-Deutschland als Blaupause für eine neue Wirtschaftsordnung taugten.
Dass die Geschichte der Männer aus Jena später sogar zum Vorbild von Unternehmensverfassungen werden sollte, lag vor allem an Ernst Abbe. Vom Sohn eines Fabrikarbeiters zum Unternehmer aufgestiegen, entwickelte Abbe seine eigene Unternehmensphilosophie. Vieles von seinem Gedankengut ist heute Konsens, zu seiner Zeit aber war es revolutionär. Angefangen vom Verbot der Kinderarbeit, über einen eigenen Pensionsfonds bis hin zur Betriebskrankenkasse machte Abbe vieles anders. Im Jahr 1900 führte er erstmals in Deutschland den Achtstundentag ein, schon vier Jahre zuvor hatte er eine Mitarbeiterbeteiligung bei den Optischen Werkstätten Carl Zeiss in Jena ins Leben gerufen, bei denen er Teilhaber war.
Mit ihr wollte er bei Akzeptanz der Garantie der Mindestlöhne das gesamte Arbeitseinkommen an einer prosperierenden Entwicklung der Geschäftslage des einzelnen Unternehmens teilhaben lassen. Die Arbeitnehmer davon ausschließen zu wollen, sah er als „grobe Unbilligkeit“ an. Gleichzeitig diente die Mitarbeiterbeteiligung nach Abbes Vorstellung dazu, einen Teil des gesamten Arbeitseinkommens der Mitarbeiter trotz der Fixierung der Löhne und Gehälter durch „Lohnregulierung“ wieder elastisch zu machen.
In seiner Rede „Über die Gewinnbeteiligung der Arbeiter in der Großindustrie“ vom 28. Januar 1897 offenbarte er seine Ziele der Beteiligung der Mitarbeiter bei den Zeiss-Werken und setzte sich eingehend mit den unterschiedlichen Motiven auseinander, die in der damaligen, breit geführten Diskussion um die Mitarbeiterbeteiligung eine Rolle spielten.
Die Einführung einer erfolgsorientierten Entgeltkomponente stützte Abbe auf mehrere Argumente. Im Hinblick auf die Garantie der Mindestlöhne, die sich zu seiner Zeit durchzusetzen begann, gab bei ihm die folgende Überlegung den Ausschlag:
„Das tatsächliche Arbeitseinkommen des Personals muss in zwei Teile zerlegt werden; der eine von diesen, der Lohn (oder Gehalt), der unwiderruflich sein soll, darf keiner Rücksicht auf aufsteigende Konjunktur oder gehobenen Geschäftsgang unterworfen sein, muss vielmehr bemessen werden können nach den normalen, durch den Lohn gegebenen Wirtschaftsbedingungen des Betriebes; der andere Teil muss sich, von der durch den Lohn gegebenen Grundlinie aus, aufsteigendem Geschäftsgang anpassen und diejenige Erhöhung des Arbeitsertrages bringen, die dem Personal als Anteil an den Vorteilen günstiger Konjunktur zukommen muss.“
Um das Vermächtnis seiner Unternehmensphilosophie zu bewahren, gründete er 1889 zu Ehren seines verstorbenen Mitgründers die Carl-Zeiss-Stiftung. Sie übernimmt später alle Unternehmensteile von Zeiss. Im Stiftungsstatut regelte Abbe in 122 Paragraphen haarklein Aufgabe, Zweck und Organisation der Stiftung: Sie sollte für das Überleben und die Unabhängigkeit der Unternehmen sorgen, besonderen Wert auf den Umgang mit den Mitarbeitern legen und mit den Gewinnen Wissenschaft und Forschung fördern.
Die Einsatzfelder und Ausgestaltungsformen von Mitarbeiterkapitalbeteiligungen (MKB) sind vielfältig. Ebenso vielfältig und damit komplex ist ihre steuerliche Behandlung. Dies liegt daran, dass es kein einheitliches Besteuerungsregime für MKB gibt, sondern im Einzelfall unterschiedliche Regelungen zur Anwendung kommen.
Dieser Gemengelage begegnet die Praxis mit „Best Practice“-Modellen, indem für verschiedene Unternehmensgruppen wie börsennotierte Unternehmen, mittelständische Unternehmen oder Start-ups und Scale-ups typisierende Programme eingesetzt werden, die sich bewährt haben. Große Herausforderungen ergeben sich jedoch, wenn das Arbeitgeberunternehmen – oft aus sehr überzeugenden rechtlichen oder wirtschaftlichen Gründen – von der Best Practice abweichen möchte.
Der folgende Beitrag beleuchtet einige Facetten der bestehenden Gemengelage und stellt einen ganzheitlichen Reformvorschlag vor, der zu einer Vereinheitlichung und Vereinfachung der Besteuerung von MKB führen könnte.
Arbeitgeber führen ein Beteiligungsprogramm in der Regel nur dann ein, wenn dieses aus ihrer Sicht gesamtsteuerlich attraktiv erscheint. Unter der Gesamtsteuerbelastung ist in diesem Zusammenhang die Belastung auf Arbeitnehmer- und Arbeitgeberebene über den gesamten Lebenszyklus der Beteiligung zu verstehen: Erwerb, Haltephase und Veräußerung. Als Vergleichsmaßstab werden häufig laufende Gehalts- oder Bonuszahlungen herangezogen.
Arbeitslohn ist grundsätzlich auch sozialversicherungspflichtig, soweit die Beitragsbemessungsgrenzen noch nicht überschritten sind. Aus Vereinfachungsgründen wird im Folgenden auf Ausführungen zur Sozialversicherung verzichtet.
Beim Arbeitgeber kann Personalaufwand geltend gemacht werden, der den steuerlichen Gewinn mindert und somit zu einer Steuerersparnis von ca. 30 % (Körperschaft- und Gewerbesteuer) der Zahlung führt.
Ein weiterer Vergleichsmaßstab ist die Besteuerung von Anteilseignern, die keine Arbeitnehmer sind. Bei diesen unterliegen Dividenden und Veräußerungsgewinne in der Regel einem Steuersatz von 26,4 % bzw. bis zu 28,5 % (Abgeltungsteuer bzw. tarifliche Einkommensteuer mit Teileinkünfteverfahren, jeweils inkl. SolZ).
Systematisch ist diese vergleichsweise niedrigere Besteuerung der Anteilseigner damit zu begründen, dass in diesen Fällen keine den steuerlichen Gewinn mindernden Aufwendungen beim Unternehmen in Betracht kommen, sprich eine Vorbelastung mit Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer gegeben ist.
MKB haben wirtschaftlich einerseits Entlohnungscharakter, andererseits aber auch Kapitalanlagecharakter. Auch das Steuerrecht folgt dieser Sichtweise, wobei jedoch Arbeitnehmer- und Arbeitgeberebene getrennt betrachtet werden (fehlende Korrespondenz).
Die fehlende Korrespondenz kann dazu führen, dass die Gesamtsteuerbelastung höher ausfällt als bei den beiden oben beschriebenen grundsätzlichen Besteuerungsregimen für Gehälter bzw. Boni und Kapitalbeteiligungen. Verallgemeinert ist dies dann der Fall, wenn die Vorteile aus der MKB beim Arbeitnehmer als Arbeitslohn, beim Arbeitgeber aber wie Kapitalbeteiligungen, d. h. ohne Abzug von Personalaufwand, besteuert werden (wirtschaftliche Doppelbesteuerung) und keine speziellen Förderungen (z. B. der Freibetrag nach § 3 Nr. 39 EStG) greifen.
Der verbilligte Erwerb von Aktien oder GmbH-Anteilen durch Arbeitnehmer führt in Höhe des Preisnachlasses zu Arbeitslohn. Der Arbeitgeber darf jedoch nur dann Personalaufwand geltend machen, wenn eigene Anteile verwendet werden. Ist die Verwendung eigener Anteile nicht möglich, wie es häufig bei Start-ups der Fall ist, und erfolgt die Beschaffung der Anteile stattdessen im Rahmen einer Kapitalerhöhung, ist ein Ansatz von Personalaufwand nicht möglich.
Dividenden und Veräußerungsgewinne aus (verbilligt) erworbenen Anteilen sind grundsätzlich wie Kapitalbeteiligungen fremder Dritter zu behandeln. Gilt der Mitarbeiter jedoch steuerlich nicht als wirtschaftlicher Eigentümer oder ist der Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis insgesamt zu eng, erfolgt eine Umqualifizierung in Arbeitslohn. Die Gesamtsteuerbelastung ist bei einer Umqualifizierung hoch, da auf der Ebene des Arbeitgebers trotzdem kein Personalaufwand anzusetzen ist (fehlende Korrespondenz). Auch wenn der Bundesfinanzhof der Umqualifizierung in den letzten Jahren zunehmend einen Riegel vorschiebt, ist diese Problematik noch nicht gänzlich beseitigt.